Wulff-Affäre: „Das Amt ist beschädigt“
Der Bundespräsident erntet in Kempen Ablehnung, aber auch Rückendeckung.
Kempen. Das politische Deutschland hat derzeit fast nur ein Thema: Christian Wulff. Hat der Bundespräsident in der Kredit-Affäre Unrechtes getan? Trägt er ausreichend zur Aufklärung bei? War das TV-Interview ein Befreiungsschlag? Unter anderem über diese Fragen wird eifrig diskutiert.
Der Kempener Politikwissenschaftler Klaus-Peter Hufer ) findet deutliche Worte: „Christian Wulff hat das Amt des Bundespräsidenten demontiert. Er hat einen Schaden angerichtet, der kaum zu reparieren ist.“ Wulffs Verhalten sei dem des höchsten Repräsentanten des Staates nicht würdig. „Seinen Auftritt im Interview fand ich höchst peinlich“, sagt der Fachbereichsleiter der VHS und Professor der Universität Duisburg-Essen. „Er wirkte wie ein Bittsteller, der Vertrauen zurückgewinnen wollte.“
Aus Sicht von Hufer ist die Unabhängigkeit der Medien „ein hohes Gut unserer Demokratie“. „Es kann nicht sein, dass Wulff dafür öffentlich eintritt und ein paar Tage vorher die freie Berichterstattung einschränken wollte“, meint Hufer mit Blick auf den Anruf des Präsidenten bei der „Bild“-Zeitung. Der Wissenschaftler legt sich fest: „Wulff sollte zurücktreten.“
Einen Rücktritt hält auch Julius Louven für die „sauberste Lösung“. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete aus St. Hubert findet, dass Christian Wulff dem Präsidentenamt mit seinem Verhalten schadet: „Er hat zwar nicht gegen Gesetze verstoßen, sehr wohl aber gegen den guten Geschmack.“
Das Kempener FDP-Urgestein Christel Scommoda, die im vergangenen Jahr von Wulff mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde, wollte sich nicht zum Thema äußern. Dafür aber ihr Mann Siegfried, ebenfalls viele Jahre lang für die FDP in Kempen aktiv: „Man sollte dieses Thema jetzt endlich ruhen lassen. Ich finde es unerträglich, wenn man Nachrichten schaut und zwölf Minuten lang über Wulff berichtet wird.“ Aus seiner Sicht sind die Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten völlig überzogen: „Die Medien müssen jetzt damit aufhören.“