Zwangsräumung: Polizei riegelt Kamperlings ab

Einsatz: Weil ein Mann sein Haus am Eibenweg nicht verlassen wollte, sperrten rund 20 Polizisten mehrere Straßen.

Kempen. Im Viertel Kamperlings im Kempener Süden geht es in der Regel beschaulich zu: ein Kindergarten, die St.Josef-Kirche - die Wohnlage ist ruhig. Dienstagmorgen war alles anders. Gegen 8Uhr rückte die Polizei an, um mehrere Straßen rund um den Eibenweg abzuriegeln. Anwohner kamen nicht mehr weg, Eltern konnten ihre Kinder nicht auf dem gewohnten Weg in den Kindergarten bringen. Der Grund: Ein Haus am Eibenweg musste zwangsgeräumt werden - ein 50-jähriger Mann weigerte sich, das Haus zu verlassen.

Mit mehreren Streifenwagen und rund 20 Beamten brachte sich die Polizei rund um das Gebäude in Stellung. Krankenwagen standen parat. Die Einsatzkräfte schienen auf alles vorbereitet. "Wir sind vom Gerichtsvollzieher um Amtshilfe gebeten worden", erklärte Polizeisprecherin Antje Heymanns. Im Vorfeld der Räumung habe das Gericht nicht ausgeschlossen, dass der Mann gewalttätig werden könnte. "Die Gefährdungslage war so, dass etwas hätte passieren können."

Passiert ist aber nichts. Nachdem sich der 50-Jährige eineinhalb Stunden lang im Haus verschanzt hatte, öffnete er gegen 9.30Uhr die Tür. Kurz bevor der Schlüsseldienst den Auftrag zum Öffnen des Schlosses bekam. "Der Mann hat keinen Widerstand geleistet", so Heymanns. Danach rückten zwei Umzugs-Lkw an, das Haus wurde leergeräumt.

Die Polizei ist erleichtert, dass alles glimpflich abgelaufen ist. "Bei so einem Einsatz ist besondere Vorsicht geboten", sagte Antje Heymanns. Natürlich habe man die Ereignisse vom August 2009 in Amern noch im Hinterkopf. Damals hatte ein Rentner bei einem Gutachtertermin drei Menschen erschossen.

Zu den Hintergründen der Zwangsräumung gab es von Seiten des Gerichts keine ausführliche Stellungnahme. Herbert Mnich, Leiter des Kempener Amtsgerichts: "Zu Details in diesem Fall kann ich nichts sagen. Der Gerichtsvollzieher hat im Vorfeld der Räumung eine Gefahr erkannt, und deshalb die Polizei hinzugezogen."

Ebenfalls nicht viel sagen kann die Polizei zum Zusammenhang zwischen der Zwangsräumung und mehreren Anschlägen auf Fensterscheiben in Kempen. Nach WZ-Informationen steht der 50-jährige Mann unter Verdacht, in der vergangenen Woche zweimal die Schaufenster des Second-Hand-Ladens "Radieschen" an der Judenstraße eingeschlagen zu haben. Außerdem soll er Scheiben am Amtsgericht und an einem Haus an der Mülhauser Straße zerstört haben. Polizeisprecherin Heymanns: "Zu laufenden Ermittlungen kann ich keine Angaben machen."

Wegen des gestrigen Polizeieinsatzes hat der Mann übrigens nichts zu befürchten. "Wenn er keinen aktiven Widerstand geleistet hat, hat er keine Straftat begangen", sagte Richter Mnich. Die Kosten des Einsatzes wird wohl der Steuerzahler übernehmen. Antje Heymann: "Wir werden gegen den Mann keine Regressansprüche stellen."