Herausforderung für Feuerwehr Nettetal Experte sieht in Venloer Heide „hohe Munitionsbelastung“

Nettetal · In Trockenperioden könnten sich Munitionsreste in dem Naturschutzgebiet laut Arbeitskreis Waldbrand selbst entzünden. Dadurch würde die Brandbekämpfung massiv erschwert. Was der Leiter des Arbeitskreises jetzt fordert.

Die Deutschen okkupierten den an der Heide gelegenen Flugplatz bei Venlo 1940 und bauten ihn aus. Die Überreste dieses Rundbogen-Hangars stehen noch immer.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

„Die Munitionsbelastung des gesamten Geländes muss nach allgemeinen Erfahrungen mit ähnlichen Flächen und den wenigen bekannten Berichten als hoch eingeschätzt werden.“ Der Satz stammt aus einem Aufsatz über die Venloer Heide, den Ulrich Cimolino, Branddirektor der Düsseldorfer Feuerwehr und Vorsitzender des Arbeitskreises Waldbrand im Deutschen Feuerwehr Verband, in einer Fachzeitschrift veröffentlicht hat. Quintessenz des Textes: In Trockenperioden könnten sich Munitionsrste in dem Gebiet beim ehemaligen Fliegerhorst Venlo von selbst entzünden und Waldbrände auslösen, die womöglich nur schwer einzudämmen
seien. 

Auch wenn es sich beim Gelände um den ehemaligen Fliegerhorst herum nicht um einen Sprengplatz wie im Berliner Grunewald handelt, auf dem es Anfang August zu einem Großbrand kam, hat Cimolinos Aufsatz die Nettetaler CDU sensibilisiert. Sie wandte sich mit einer Anfrage an die Stadt Nettetal – und jetzt liegt eine Stellungnahme der Verwaltung vor.

Demnach wurden 2018 im Auftrag des Kreises Viersen Bohrungen auf dem Gelände vorgenommen und Luftbilder aus den Jahren 1930, 1957, 1960, 1968 und 2007 ausgewertet. Für den auf deutscher Seite auf dem Territorium des Kreises Viersen liegenden Teil der Venloer Heide erstellte ein Sachverständigenbüro ein Gutachten. „Daraus geht beispielsweise hervor, dass im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes ein Munitionslager bestanden hat. Luftbilder aus 1944 zeigen quadratische Abgrabungen mit Erdwällen, in deren Mitte Munitionskisten oder Lagerbehälter untergebracht waren“, erklärte die Stadtverwaltung jetzt im Rats-Ausschuss für öffentliche Sicherheit. Außerdem bestehe der Verdacht, dass es auf dem Gelände Schützenlöcher gegeben habe.

Seit 2013 ist die Venloer Heide
ein Naturschutzgebiet

Dass es auf dem 80 Jahre militärisch genutzten Areal Munitionsreste gebe, sei anzunehmen, sagt Norbert Müller, Stellvertreter des Bürgermeisters und Kämmer der Stadt. Diese Annahme wird untermauert durch Funde, die auf niederländischer Seite im Bereich der „Groote Heide“ in den 1980-er Jahren beim Bau einer vier Kilometer langen Straße gemacht wurden. Mehr als 300 000 explosive oder verdächtige Gegenstände kamen zum Vorschein. Die Groote Heide war Teil des Fliegerhorstes und zuvor Schießplatz.

Seit 2013 ist die Venloer Heide ein Naturschutzgebiet. Und das bedeutet, dass Spaziergänger die durch das Gelände führenden Wege nicht verlassen dürfen. Gebüsch, Wald und Freiflächen drumherum zu betreten, ist verboten. Auch die Feuerwehr weiß um die Gefahren, die dort lauern können. Sie benutzt bei Streifenfahrten zur Verhinderung oder Früherkennung von Waldbränden in Hitzeperioden auch nur die Wege. Sollte es einen Brand geben, würde sie abseits der Wege keine Einsatzkräfte in den Wald schicken, hatte Dennis Feldges, stellvertretender Leiter der Nettetaler Wehr, bereits im September erklärt.

Im nahen Umfeld der Venloer Heide seien bei Bränden Wasserentnahmemöglichkeiten vorhanden, erklärte die Verwaltung jetzt im Sicherheits-Ausschuss. Die Nettetaler Feuerwehr sei „gut“ mit Tanklöschfahrzeugen mit einem angemessenem Löschwasservorrat ausgestattet. „In der konzeptionellen Erarbeitung der Freiwilligen Feuerwehr befindet sich unter anderem eine Anpassung der Ausrüstung, wie etwa Waldbrand-Tragekörbe mit speziellem Schlauchmaterial, Kreisregnern oder Löschrucksäcke“, hieß es weiter. Und: In Schulungen zu Vegetationsbränden werde auch das taktische Vorgehen bei möglichen Kampfmittelvorkommen erörtert.

Der Branddirektor Ulrich Cimolino hält eine weit darüber hinaus gehende Maßnahme für erforderlich. Er schrieb in seinem Aufsatz: Zumindest mittel- bis langfristig müsse das Areal von Munitionsresten gesäubert werden – und zwar „flächendeckend und tief genug“.