Austausch für Betroffene Long Covid: Gesundheitspfleger will Patienten Ratschläge geben
Kreis Viersen · Björn Rudakowski, Gesundheitspfleger in Nettetal und grünes Kreistagsmitglied, gründet im BIS (Beratung Information Selbsthilfe) die Selbsthilfegruppe „LongCovid“ für den Kreis Viersen.
(hb) Björn Rudakowski aus Nettetal ist seit September 2020 Mitglied des Kreistages. Auf der Seite der Nettetaler Grünen stellt er sich so vor: „Mein Name ist Björn Rudakowski, ich bin 51 Jahre alt und von Beruf Gesundheitspfleger. Ich habe zwei Söhne im Alter von acht und 23 Jahren und bin verheiratet. Aufgrund meines Berufes sind mir soziale Themen wichtig, und die Situation auf dem Sozialmarkt betrachte ich intensiv.“ Jetzt geht er aber nicht als Kommunalpolitiker, sondern als Privatmensch an die Öffentlichkeit: Der Gesundheitspfleger war an Corona erkrankt und leidet bis heute an den Langzeitfolgen. Um mit den Folgen besser klar zu kommen, sucht er andere Betroffene. In einer Selbsthilfegruppe wolle man sich austauschen.
„Ich bin heilfroh, dass die aktuelle, die sogenannte vierte Welle, scheinbar für Geimpfte nicht ganz so schlimme Verläufe zeigt“, sagt Björn Rudakowski, „aber man darf den Tag nicht vor dem Abend loben.“ Der heute 52-jährige Gesundheitspfleger aus dem Nettetaler Krankenhaus lacht. „Im letzten Jahr, um die gleiche Zeit, als die zweite Welle einige meiner Kollegen und mich ohne Impfungen traf, sah die Sache noch ganz anders aus“, berichtet er und das Lachen verschwindet sofort bei seinen Worten, als wolle er sich nur ungern an diese Zeit erinnern. Über 115 000 Todesopfer, schätzt die Weltgesundheitsorganisation, gab es während der ersten 16 Monate der Pandemie weltweit unter Pflegekräften. Deutschland sei im internationalen Vergleich bisher noch recht gut weggekommen.
Björn Rudakowski gilt seit Ende Februar 2021 als genesen. Trotz zunehmender Erfolge durch die Impfungen werde das Thema Covid und insbesondere Long Covid weiter bestehen bleiben, befürchtet die Pflegefachkraft. „Ich kenne Menschen, die auch ein Jahr nach ihrer Infektion noch extrem an Long Covid leiden, besser gesagt unter ‚post-exzeptioneller Malaise‘.“ Damit sind Symptome verbunden wie Atemnot bei schon geringer Belastung, starke Kopfschmerzen und Muskelschmerzen. Solche Spätfolgen treten bei rund zehn Prozent der von Covid-19 vermeintlich genesenen Patienten auf. Diese Krankheitsverläufe werden derzeit unter CSF, Chronic Fatigue Syndrom, an deutschen Kliniken erfasst und erforscht.
„Bei mir persönlich wird es von Monat zu Monat besser und die Symptome lassen nach. Echt schade ist, dass mir die Luft beim Singen ausgeht“, berichtet der Hobbymusiker, „und es gibt immer noch Tage, da muss ich kämpfen, um in Gang zu kommen.“ Medikamente zur Behandlung der Long Covid-Symptome gibt es derzeit noch nicht. Sich damit abzufinden, kann Rudakowski aber nicht akzeptieren. „Ich mache jetzt mehr Sport und kann besser mit den Tagen, an denen die Symptome auftreten, umgehen.“ Er sei froh, dass er auf Kollegen, Bekannte und Verwandte getroffen sei, die Ähnliches mitgemacht hätten wie er. „Das ist auch ein Grund, warum ich mich an den BIS gewandt habe, um eine Selbsthilfegruppe zu gründen“, verrät Rudakowski. „Ich bin davon überzeugt, dass man die Folgen, die diese Pandemie gesellschaftlich, seelisch und körperlich für die Betroffenen hat, am besten bewältigt, indem man sich offen darüber austauscht und Informationen sammelt.“ Er freut sich, wenn „der ganze Covid-Spuk“ endlich ein Ende hat und bald ein Medikament da ist, das alle Langzeitfolgen mildert. „Solange dies jedoch nicht der Fall ist, hilft es uns Long Covid-Betroffenen vielleicht, wenn wir untereinander Tipps austauschen, wie wir unter LongCovid den Alltag bewältigen“, hofft der Pfleger.
Betroffene und Interessierte können sich ans BIS wenden. Klosterstraße 5, Brüggen,Telefon: 021635622 Emal: info@bis-brueggen.de Homepage: www.bis-brueggen.de Die Treffen der Gruppe werden bis auf weiteres vorerst per Videokonferenz im Zoom-Format abgehalten. Zugangsdaten werden nach Kontaktaufnahme vergeben.