Nettetals Finanzen Stadtverwaltung macht Kehrtwende bei Steuerplänen

Nettetal · Höhere Gewerbesteuer für Unternehmen, höhere Steuern für Grundstücks-Besitzer – dieser Vorschlag der Stadtverwaltung ist in der Politik auf Widerstand gestoßen. Nun gibt es einen neuen zur Ratssitzung in wenigen Tagen.

Nettetal muss sparen, die Frage ist allerdings an welcher Stelle.

Foto: dpa/Oliver Berg

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte schon Anfang des Monats gemahnt – und jetzt hat sie noch einmal getan, was sie regelmäßig macht, wenn Erhöhungen der Gewerbesteuer anstehen: warnen. Anlass im Fall Nettetal war der Vorschlag der Verwaltung gewesen, 2024 die Grundsteuern und die Gewerbesteuern anzuheben.

Mit diesem Plan haben Bürgermeister Christian Küsters und Andreas Grafer angesichts des gemeinsamen Widerstands von CDU, FDP und Wählergemeinschaft „Wir in Nettetal“ im Finanzausschuss zwar Schiffbruch erlitten. Dennoch hat sich die IHK erneut gemeldet. „Wir freuen uns, dass eine Mehrheit aus CDU, FDP und WiN dem Antrag der Verwaltung nicht gefolgt ist. Denn unsere Unternehmen sind derzeit ohnehin schon sehr belastet“, erklärte Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der unter anderem für Nettetal zuständigen Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein. Er hoffe, sagte Steinmetz, dass der Stadtrat am 19. Dezember dem Beispiel des Finanzausschusses folge.

Die Sorge, der Stadtrat, auf dessen Votum es nun ankommt, könne sich doch für höhere Steuern aussprechen, erscheint unnötig. Die Stadtverwaltung hat ihren ursprünglichen Vorschlag zurückgezogen. Ihr neuer, der dem Rat am 19. Dezember zur Entscheidung vorliegt, belässt es bei den Steuersätzen von 2023. Das Zauberwort heißt jetzt: sparen.

Auf sparsamere Bewirtschaftung der Stadtfinanzen hatten auch CDU, FDP und WIN im Finanzausschuss gedrängt. „Wir haben schon Mitte des Jahres in die Verwaltung kommuniziert, dass wir Ausgaben hinterfragen müssen. Das werden wir fortsetzen“, sagt Christian Küsters. Im Ausschuss hatte er den Ball aber auch in Richtung der auf Sparsamkeit drängenden Politiker zurückgespielt: „Dann erwarte ich aber auch aus der Politik Vorschläge, wo gespart werden soll.“ Können sich Bürgermeister und Kämmerer, nachdem sie vergeblich für höhere Steuern plädiert haben, nun also entspannt zurücklehnen und der Politik die Schuld in die Schuhe schieben, wenn die Haushaltslage in den kommenden Jahren nicht rosig ist? Küsters winkt ab. „Wir werden nicht einfach nur auf Vorschläge der Politik warten. Das ist nicht unser Anspruch, wir wollen ja auch einen guten Haushalt gestalten“, sagt der Bürgermeister. Die Idee, die Steuern anzuheben, hätte ja nicht das alleinige Mittel sein sollen, sondern nur ein Baustein einer Strategie.

Mit Augenmaß soll
in Zukunft gespart werden

Beim Sparen sind der Stadt Nettetal auch Grenzen gesetzt, die sie selbst nicht verrücken kann. Rund 90 Prozent aller Ausgaben, so Küsters und Grafer, seien Leistungen, zu denen die Stadt gesetzlich verpflichtet sei, unter anderem Sozialleistungen und Gehälter. Aus den restlichen zehn Prozent werden freiwillige Leistungen unter anderem für Sport, Wirtschaftsförderung und Kultur bezahlt. Ausgaben, die dazu beitragen, die Lebensqualität in Nettetal zu steigern. Küsters plädiert daher für ein „Sparen mit Augenmaß“. Was das bedeutet, solle im Einklang mit den Politikern erarbeitet werden. Die Frage sei: Was ist nötig, was ist leistbar, was ist verzichtbar? „Letztlich hat die Politik die Hand auf der Kasse. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft und gemeinsam dafür verantwortlich, dass es Nettetal dauerhaft gut geht“, sagt Küsters.

Der Bürgermeister geht auch davon aus, dass die Schicksalsgemeinschaft im Stadtrat einen Haushalt für 2024 beschließen wird. Würde ein solcher Beschluss verschoben, könne Nettetal bis zum abschließenden Votum nur Zahlungen leisten, die aus bereits bestehenden Verpflichtungen resultieren, sagt Kämmerer Grafer: „Wir könnten dann unter anderem keine neuen Aufträge ausschreiben.“ Will heißen: Beispielsweise Arbeiten zur Renovierung von öffentlichen Gebäuden könnten vorerst nicht vergeben werden und würden sich entsprechend verzögern.