Schulpolitik: Probleme verharmlost

Die Verwaltung rede Zahlen schön, sagen die Fraktionen und sind verärgert.

Nettetal. Kopfschütteln im Rathaus: Immer mehr Nettetaler Kinder zieht es zu Schulen in Nachbargemeinden, für Schuldezernent Armin Schönfelder aber sind die Anmeldezahlen an Nettetaler Schulen „ein voller Erfolg“. Heftige Vorwürfe musste er sich deshalb im Ausschuss für Schule, Sport und Stiftungen am Mittwochabend anhören. Kritik an der Verwaltung gab es auch in Sachen integrativer Unterricht.

„Richtig glücklich“ fühlte sich Gesamtschulleiter Roland Schiefelbein: „Das ist eine Sternstunde zur Inklusion im Lande, sensationell!“ Der Grund nicht nur seiner Freude: Erstmals dürften wohl alle Kinder mit Behinderungen Plätze an weiterführenden Regelschulen in Nettetal bekommen (die WZ berichtete). So empfahl der Ausschuss einstimmig die Einrichtung je einer integrativen Lerngruppe an Real- und Hauptschule; bislang bot lediglich die Gesamtschule integrativen Unterricht an.

Kleiner Wermutstropfen: Offiziell muss sich „noch ein Elternpaar für die Lerngruppe an der Hauptschule entscheiden“, man sei aber in guten Gesprächen, sagte Schönfelder. Und erntete Kritik: Die Belegungen wirkten wie „von der Stadt gesteuert“, meinte Konrad Wilms von der Comeniusschule. Hans Overhage (ABK) berichtete vom Verdacht in der Bürgerschaft, die Stadt dränge auf die Lerngruppe, „damit die Hauptschule zweizügig bleibt“.

Als „beschämend“ wertete Christian Schürmann (SPD) die „Jubelstürme der Verwaltung“ zu den Anmeldezahlen an Nettetals weiterführenden Schulen (die WZ berichtete): „Dabei wollen 66 Kinder zu auswärtigen Schulen.“ Die Abwanderungstendenz durch eine „rosarote Brille“ schönzureden, hielt Guide Gahlings (Grüne) der Stadtspitze vor: „Etwas mehr Wahrhaftigkeit.“

Schönfelder gab zu, man habe die Abwanderungen „nach Grefrath nicht stoppen können“: 20 Nettetaler Kinder wollen auf die dortige Sekundarschule (Real- und Hauptschulunterricht und Kooperation mit Schulen, an denen ein Abitur möglich ist, Anmerk. d. Red.). Genau diesen neuen Schultyp hatte die Mehrheit von CDU und FDP im Schulausschuss im Oktober 2012 auf Vorschlag der Verwaltung für Nettetal abgelehnt, den Bestand des alten Schulsystems durchgeboxt.

Mittlerweile gibt es auch Skepsis in den Reihen der CDU. „Etwas weniger optimistisch als die Verwaltung“, wertete Hans-Jürgen Boyxen den Trend. „Aber wir haben gleich gesagt, wir wollen in drei Jahren neu überlegen.“ Und zwar über ein Nettetaler Schulsystem, dem Schürmann die Note „nicht ausreichend“ gab.