Politiker diskutieren über das Stadtarchiv
Der Kulturausschuss der Stadt Viersen befasst sich heute mit der Standortfrage. Die Bürgermeisterin hat sich bislang mit einer Stellungnahme zurückgehalten. Die Hintergründe.
Viersen. Heute Abend diskutieren die Mitglieder im Kulturausschuss über die Zukunft des Stadtarchivs. Es ist ein Thema, das polarisiert. Auf der einen Seite stehen die Befürworter des Standorts Viersen, wie etwa der Heimatverein, Lehrer oder die SPD, die das Angebot und die Lage in der Stadt schätzen. Auf der anderen Seite stehen Pragmatiker wie etwa die Viersener Liberalen, die die Chance zum Sparen sehen.
Anlass ist der Plan von Landrat Andreas Coenen (CDU), ein neues Kreisarchiv errichten zu lassen. Dazu muss Coenen wissen, wie viele Besatzungsmitglieder sein „Archiv“-Boot künftig haben wird. Bisher unterhält der Kreis in der Burg Kempen neben seinem eigenen Archiv noch Archive von sieben der neun Kommunen im Kreis, also von allen außer Viersen und Willich. Das Burg-Gebäude müsste modernen Brandschutz erhalten — zu teuer. Stattdessen will Coenen ein neues Gebäude.
Der Landrat will Fördermittel für den Neubau nutzen: 5,1 Millionen Euro sind möglich. Die kann er nur nutzen, wenn das neue Archiv bis 2020 steht. Deshalb drückt er auf das Tempo.
Bisher hat sich Bürgemeisterin Sabine Anemüller (SPD) mit einer Stellungnahme zurückgehalten — obwohl Landrat Coenen diese bereits für Februar erbeten hatte. Doch die Stadt verwies auf die heutige Ausschusssitzung.
Für den Ersten Beigeordneten Paul Schrömbges, als Historiker und Autor selbst Nutzer des Viersener Archivs, sind in der Diskussion zwei Aspekte wichtig: die starke Frequenz und das für den Zweck angepasste Gebäude. „Das Archiv ist in der ehemaligen Turnhalle untergebracht, die dafür umgebaut wurde“, sagt Schrömbges. Soeben sei der Mietvertrag um zehn Jahre verlängert worden. Zudem verfüge das Gebäude über eine Magazinreserve. Schrömbges bezeichnet das Stadtarchiv als „Bürgerarchiv“: „Es hat sehr hohe Besucherzahlen. Zudem kommen viele Anfragen per E-Mail und Post an den Stadtarchivar.“ Enge Kooperationen bestehen mit Schulen und etwa dem Verein für Heimatpflege. In den vergangenen 20 Jahren seien rund 102 Publikationen erstellt worden, weitere sind geplant.
Laut Schrömbges gehe die Stadt zwar „ergebnisoffen in das Gespräch mit Landrat Coenen“. Doch es müsse geklärt werden, wie das jetzige erweiterte Angebot erhalten werden kann, was mit dem Personal geschehe. „Wir wollen uns beim Archiv in Zukunft nicht schlechter stellen“, sagt der Erste Beigeordnete.
Zurzeit gibt die Stadt für ihr Archiv rund 135 000 Euro pro Jahr aus. Dabei entfallen 74 270 Euro auf das Personal, 45 600 Euro auf Miete, 5700 Euro auf Strom, 14 100 Euro auf sonstige Aufwendungen. An Erträgen wurden 4870 Euro erzielt.
Laut Paul Schrömbges seien die Ausgaben nach einer Fusion zurzeit nicht abzuschätzen, weil die Zahl der Partner unklar sei. Er geht von einem Anteil in Höhe von 25,33 Prozent für Viersen aus; Verteilungsschlüssel ist die Zahl der Einwohner.
Um den Standort ringen die Kommunen, noch ist diese Frage offen. Die Stadt Kempen — in der dortigen Burg befindet sich das jetzige Kreisarchiv — will es behalten. Die Stadt Willich hat ihre Beteiligung am neuen Kreisarchiv bisher an die Bedingung geknüpft, dass das Gebäude in Willich errichtet wird. Auch Grefrath würde gern Heimat für den Archivneubau werden. Bisher ist die Dorenburg in der Diskussion. Jetzt bringt die Stadt Viersen als mögliche Adresse eine städtische Fläche an der Goetersstraße, östlich des Stadthauses und unterhalb des Kreishauses, ins Spiel.
Die Stadt will — nach dem Auftrag aus den Gremien — Gespräche mit dem Landrat führen. Die Mitglieder im Viersener Kulturausschuss könnten sich mit dem Thema Archiv in einer Sondersitzung befassen.