So teuer kann das Töten von Wespen werden
2018 ist ein Rekordjahr für Wespen: Dank der Hitze sind die Populationen besonders groß. Doch selbst wenn die Insekten vielen als Plagegeister gelten: Sie zu töten, kann ziemlich teuer werden.
Kreis Viersen. Sobald man im Garten sitzt und isst, kommen die Wespen. Sie krabbeln auf Marmeladenbrötchen und Grillwurst, kriechen ins Limonadenglas. Der August gilt als „Wespenmonat“: In dieser Zeit sind die Völker am größten, bevor die Tiere durch kühlere Temperaturen und Nahrungsmangel im Herbst sterben.
Aber sind in diesem Sommer nicht viel mehr Wespen unterwegs als sonst? Diese Einschätzung bestätigt der Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Dass es in diesem Jahr so viele Wespen gibt, liegt an der anhaltenden Hitze. Die Schafskälte im Juni, die früher oft die Wespen-Population verringerte, blieb 2018 aus. Auch gab es keine Überflutungen. Diese Bedingungen, so erklärt der Nabu, führten dazu, dass die Nester groß wurden und besonders viele Wespen durchkamen.
Auch bei der Kreisverwaltung in Viersen sind die Klagen über die Wespenplage längst angekommen. „Bei der Unteren Naturschutzbehörde gehen in diesem Jahr sehr viele Meldungen von Wespen- und Hornissennestern ein“, berichtet Kreis-Sprecher Markus Wöhrl. In der Hochphase Mitte Juli zählte die Naturschutzbehörde täglich bis zu 80 Anrufer, die von den Mitarbeitern des Kreises informiert und beraten wurden.
Denn auch wenn die Tiere stören: Einfach das Nest entfernen darf man nicht. „Alle Wespen- und Hornissenarten fallen unter den Schutz wildlebender Tierarten“, erklärt Philippe Niebling von der Unteren Naturschutzbehörde. Auch für Wespen gilt Paragraph 39 des Bundesnaturschutzgesetzes. Danach ist es verboten, „wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten“.
Auch ihre Lebensstätten dürfen nicht ohne vernünftigen Grund beeinträchtigt oder zerstört werden. Niebling zufolge seien die meisten Wespenarten — mit Ausnahme der Deutschen Wespe (Vespula germanica) — sogar besonders geschützt. „Viele Anrufer sind erstaunt, wie viele verschiedene Wespenarten es gibt“, sagt Niebling. Beispiel: Die Deutsche Wespe sei in der Regel die, „die gerne zu Kaffee und Kuchen auf Terrasse und Balkon kommt, noch lieber sogar zum Fleisch beim Grillen“.
Wer nun ein Wespennest umsiedeln oder Wespen oder Hornissen abtöten will, muss eine artenschutzrechtliche Befreiung beantragen. Für die Deutsche Wespe gilt dies nicht. Ohne Erlaubnis kann das Entfernen eines Nestes jedweder Art allerdings teuer werden: Wer die Nester besonders geschützter Arten entfernt und die Tiere tötet, kann mit bis zu 50 000 Euro Bußgeld bestraft werden. Bei der Deutschen Wespe kostet das Abtöten eines Nestes ohne Grund bis zu 10 000 Euro.
Die artenschutzrechtliche Befreiung kann bei der Unteren Naturschutzbehörde angefordert werden. Die Nachfrage ist groß: „In diesem Jahr haben wir schon rund 200 Genehmigungen erteilt, um Wespennester umzusiedeln oder zu entfernen“, sagt Niebling. „Das Argument, man sei gegen Wespen- oder Hornissenstiche allergisch, reicht für eine artenschutzrechtliche Befreiung nicht aus“, fügt er hinzu. „Da die Begründung häufig unbegründet genutzt wird, ist ein ärztliches Attest erforderlich.“
Im Beratungsgespräch erläutern die Mitarbeiter der Naturschutzbehörde auch, welchen Nutzen die Tiere haben: „Wespen fressen Mücken, Hornissen fressen Wespen“, sagt Niebling. „Deshalb sollte beispielsweise ein Nest im Gartenschuppen bleiben, wo es ist.“
Problematisch werde es an Mauerschlitzen und Rollladenkästen von Häusern oder Büros. Hornissen etwa fressen sich sogar durch Dämmmaterial und Gipskarton. Sterben sie in ihren Höhlen, können an den Wänden von innen braune, stinkende Flecken entstehen. In solchen Fällen muss das Nest entfernt werden. Dabei wird zunächst geprüft, ob es komplett greifbar ist — dann kann es umgesiedelt werden. Geht das nicht, müssen die Tiere getötet werden, das Nest wird entfernt.
Die Regeln gelten laut Kreisverwaltung auch für Spielplätze und andere öffentliche Einrichtungen. Erst vor kurzem sei ein Nest am Aussichtsturm im Lüsekamp in Niederkrüchten betroffen gewesen, berichtet Niebling: „Dort war über dem Eingang ein recht großes Hornissennest. Das Problem war, dass die Leute sich so erschreckt haben, dass wir das Nest umsiedeln mussten.“