„Uns in der Kreisverwaltung hat KK lange viel bedeutet“

Jürgen Karsten war 30 Jahre Sprecher der Kreisverwaltung. Der St. Töniser erinnert sich gut an schwierige Anfangsjahre.

Foto: Siemes (WZ-Archiv); Jochmann

Kreis Viersen. K und K — der Kreis Viersen und Jürgen Karsten kennen sich gut. Und das nicht nur, weil Karsten als Jugendlicher in Hinsbeck lebte, später 20 Jahre in Kempen wohnte und seit 25 Jahren eine St. Töniser Adresse hat. Der Kreis und Karsten kannten sich über einen Zeitraum von 30 Jahren sogar in- und auswendig.

1964 kam Jürgen Karsten als Angestellter zum Hauptamt des Kreises. Damals trug die Verwaltung den Beinamen Kempen-Krefeld. Alle Autos trugen das KK-Kennzeichen. Dienstsitz war Kempen, die Burg das Büro.

„Kempen. Königreich Kempen.“ Jürgen Karsten lacht. Ja, so war das. Mit dieser Stadt fühlten sich die Mitarbeiter verbunden. Sein damaliger Vorgesetzter, Hauptamtsleiter Matthias Neelen, hatte die Idee, eine Pressestelle aufzubauen. Karsten: „Ich war zu der Zeit auch freier Mitarbeiter bei Zeitungen. Als ich gefragt wurde, ob ich aus der Amtsblattstelle eine Pressestelle machen wolle, hatte ich zwar nur vage eine Vorstellung davon, sagte aber zu.“

Es sei ein Sprung ins kalte Wasser gewesen, sagt Karsten. Als Autodidakt in diesem Bereich legte er los. 1973 wurde er offiziell zum Pressereferent ernannt und blieb 30 Jahre auf dem Posten. K und K bis zur Rente.

Das Jahr 1975, das Geburtsjahr des Kreises Viersen, ist Karsten gut in Erinnerung. Der Wunsch der Kempener, Kreisstadt zu bleiben; ihr Widerstand; die Diskussionen um die Stadt Viersen, die bevölkerungsreichste des neuen Kreises, die nicht nur geografisch sein neuer Mittelpunkt werden sollte. „Wir in der Pressestelle mussten uns neutral verhalten. Unser Herz aber, das kann ich sagen, hing an Kempen.“

Jürgen Karsten, ehemaliger Kreis-Pressesprecher

Der Umzug nach Viersen in das neue Kreishaus, 1984, habe den Weggang von Kempen, den Auszug aus der Burg abgemildert. Der Wechsel in den Neubau, „mit dem bis heute sehr vorzeigbaren Sitzungstrakt — das war ein Quantensprung“, sagt Karsten. Man habe das Gebäude als neuen Sitz zu schätzen gelernt. Aber viele hätten sich an die Stadt Viersen nie richtig gewöhnt: „KK, das Königreich Kempen, hat uns in der Kreisverwaltung eben lange viel bedeutet.“

Wie steht es heute mit der Identifikation der Bürger mit dem Kreis Viersen? Die Frage hat Jürgen Karsten erst kürzlich in seiner persönlichen Kreisrunde besprochen. Denn er tauscht sich noch regelmäßig mit dem ehemaligen Oberkreisdirektor Hermann Müller, der in Kempen wohnt, dem ehemaligen Schul- und Sozialdezernenten Leo Peters und dem ehemaligen Wirtschaftsförderer Horst Kassler aus. „Wir sind die letzten vier der Verwaltungskonferenz der 70er Jahre und haben gerade erst über das Kreisbewusstsein gesprochen.“Es sei in der Tat leichter, ein Bewusstsein zu einer Stadt als zu einem regionalen Gebilde zu entwickeln, sagt Karsten. „Das alte Königreich Kempen-Krefeld hatte das größere Selbstbewusstsein.“

Wäre es damals dazu gekommen, dass im Zuge der kommunalen Neugliederung Geldern zum Kreis geschlagen worden wäre, dann hätte der Kreis deutlich mehr Fläche, sagt Karsten. „Heute ist er einer der Kleinsten in NRW.“ Doch Geldern wurde damals ausgeschlagen. Und der alternative Vorstoß für einen so genannten „Kragenkreis“, der sich um die Großstädte Krefeld und Mönchengladbach bis nach Dormagen erstrecken sollte, hatte keine Chancen.

„Das Gefühl in unserer Vierer-Runde ist, dass das Kreisbewusstsein eher gelitten hat.“ Er sei ein vehementer Verfechter der Doppelspitze, sagt Karsten und spricht etwa von der Zeit mit Landrat Hans Backes und „OKD“ Müller. „Backes war ein Glücksgriff, ein Menschenfischer.“ Die ideale Ergänzung zu Müller, dem Verwaltungsfachmann. „Einer fürs Herz, einer für die Verwaltung.“

Wie denkt der Bürger Jürgen Karsten mit dem Abstand von zehn Ruhestandsjahren zur aktiven Innenansicht über den Kreis? „In der Tat, er spielt für mich nicht mehr überall und tagtäglich eine Rolle, dabei ist er in vielen Bereichen bedeutend für den Bürgern — Stichwort Abfallbeseitigung, Kultur, Wirtschaftsförderung. Aber viele Leute nehmen ihn wenig wahr, kennen ihn nur, weil sie beim Kreis ihr Auto anmelden.“

Apropos Auto. Im Jubiläumsjahr ist das KK-Kennzeichen wieder eingeführt worden und seitdem ein Hit. K und K auf dem Nummernschild, da macht Karsten aber nicht mit: „Ich fahre noch mit VIE.“