Augen auf: Exotische Vögel
Amsel, Drossel, Fink und Star bekommen am Niederrhein ungewöhnliche Gesellschaft.
Niederrhein. Er ist ein echter Gigant der Lüfte. Die Vogelkundlerin Stefani Pleines, stellvertretende Vorsitzende der Ornithologengesellschaft NRW, spricht gar von einem "Riesenbrett am Himmel". Gemeint ist der Gänsegeier. Der Vogel, dessen Name und Aussehen an Italo-Western denken lässt, war auch schon am Niederrhein in freier Wildbahn zu beobachten.
"Es hat in den vergangenen Jahren einen größeren Einflug von Gänsegeiern gegeben", berichtet Pleines, die in der Biologischen Station Krickenbecker Seen in Nettetal arbeitet. Eine Gruppe sei in Mönchengladbach gesichtet worden.
Die Theorie der Expertin lautet, dass die Tiere in ihrer Heimat Spanien an Nahrungsmangel litten und daher den Kurs gen Norden nahmen. Als Hintergrund vermutet sie einen neuen rigorosen Umgang mit toten Nutztieren in Spanien - dem Geier fehlten die Kadaver.
Doch der imposante Aasfresser ist nicht der einzige Exot, nach dem Vogelfreunde in der Region seit einiger Zeit Ausschau halten. So fühlen sich etwa in Krefelder Parks kleine Clowns mit Federn offenbar wie zu Hause - obwohl die Heimat der Halsbandsittiche eigentlich in Afrika oder Asien liegt. Allerdings: "Die Ursprungspopulation ist wohl aus der Gefangenschaft in Köln abgehauen", sagt Veronika Huisman-Fiegen vom Naturschutzbund (Nabu) Krefeld/Viersen.
Sie rät, die Augen dafür zu schärfen, dass man am Niederrhein inzwischen "etwas schier Unmögliches sehen kann". Als Beispiel nennt Huisman-Fiegen einen Nachtreiher auf Krefelder Gebiet. Aus der Gegend von Roermond habe es ebenfalls schon Meldungen gegeben. "Das ist eigentlich eine südliche Art, aber ganz selten brütet sie auch hier", sagt sie.
Auch Stefani Pleines fällt ein Reiher bei der Frage nach einer besonders spektakulären Beobachtung ein: "Es gab mal einen Kuhreiher in Leuth." Es sei ein tolles Bild gewesen, wie dieser Vogel, der sonst in Afrika zwischen Büffeln und Gnus stehe, zwischen schwarzbunten Kühen am Niederrhein umher geschritten sei.
Eine wichtige Frage der Forscher blieb aber offen: Kam er aus Gefangenschaft oder hatte er sich wegen eines Sturms verflogen? So genannte Seltenheits-Komissionen beschäftigen sich mit solchen Themen. "Am besten wäre, wenn ausgebüxte Tiere Ringe hätten", sagt Veronika Huismann-Fiegen. Im Übrigen sei es nicht gestattet, fremde Arten auszusetzen.
Wer sich für exotische oder seltene Vögel in seiner Gegend interessiert, sollte sich ein Fernglas und Bücher zu genauen Bestimmung zulegen, raten die Fachfrauen. Manche der Tiere seien aber leicht zu erkennen, wie etwa der Wiedehopf, dessen auffällige Haube schon mal in einem Viersener Garten auftauchte.
Und der Gänsegeier, so Pleines, verrate sich am Himmel durch die Spannweite von über zwei Metern und aufgefächerten "Händen", das sind die großen Federn am Ende der Schwingen.