Viersen Die beschwerliche Suche nach einem Job

Viersen. · Nina Odenius aus Viersen hat die beste Abschlussarbeit ihres Studiengangs abgelegt, engagiert sich ehrenamtlich, macht viele Praktika. Doch eine Arbeitsstelle findet die 28-Jährige nicht. Sie hat das Gefühl, dass man ihr wegen ihrer Blindheit skeptisch gegenüber steht.

Nina Odenius kann dank moderner Hilfsmittel genauso arbeiten wie ein sehender Mensch.

Foto: Knappe, Joerg (jkn)

Ein letzter Klick auf dem Computer und die Bewerbung für ein Volontariat bei der Pressestelle des Kreises Viersen ist auf den Weg gebracht. Wie viele Bewerbungen es sind, die Nina Odenius schon abgeschickt hat, kann die 28-jährige Viersenerin nicht mehr sagen. Jeden Tag durchforstet die blinde junge Frau das Internet auf der Suche nach Stellenanzeigen, schickt Initiativbewerbungen und nutzt die Möglichkeit der offenen Motivationsschreiben durch die vom Arbeitsamt gegebene Unterstützung für schwerbehinderte Akademiker.

Die bereits blind geborene Viersenerin legte ihr Abitur am Clara-Schumann-Gymnasium in Dülken ab. Es folgte der Masterstudiengang „Romanistik: Kulturkontakte und Kommunikation“ in Düsseldorf, wobei sie Italienisch und Französisch studierte. Schon während des Studiums lebte sie eine Zeit lang sowohl in Frankreich als auch in Italien. Mit ihrer Masterarbeit „Die Frauen des Senegal im Zeichen von Tradition und Moderne“, in der sie anhand von zwei Romanen die Situation der Frauen zwischen den 1970er-Jahren und 2010 verglich, holte sich Nina Odenius eine begehrte Auszeichnung: Sie erhielt bei der Examensfeier der Philosophischen Fakultät im Januar den Preis für die beste Abschlussarbeit aus dem Bereich der französischsprachigen Romania. Der Preis wird jährlich durch den Deutsch-Französischen Kreis Düsseldorf verliehen. Beste Voraussetzungen für einen Beruf – aber sie scheinen nicht zu reichen.

„So schwer habe ich mir die Suche nach einem Arbeitsplatz nicht vorgestellt. Ich habe einen guten Abschluss und bin beruflich für alles offen. Es wäre schön, wenn die Leute mutiger wären“, sagt Nina Odenius. Teilweise hat die junge Frau das Gefühl, dass man ihr als Blinde sehr skeptisch gegenübersteht. Dabei kann sie dank ihrer modernen Hilfsmittel genauso arbeiten wie ein sehender Mensch.

Das hat sie gerade wieder in einem sechsmonatigen Praktikum unter Beweis gestellt. Sie lebte für ein halbes Jahr in Bonn und arbeitete dort bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Dabei handelt es sich um die Entwicklungshilfe-Organisation der Bundesregierung. „Ich wäre gerne in Bonn geblieben. Ich hatte eine Arbeit, die mir viel Freude machte und bei der ich eigene Projekte betreuen durfte“, erzählt Odenius. Allerdings war dort derzeit keine Stelle frei.

Momentan steckt die 28-Jährige in einem Berliner Projekt für Akademiker mit Behinderungen, das gehandicapte Menschen mit Unternehmen in Kontakt bringt und dabei unterstützt, Bewerbungen zu optimieren. „Gerade habe ich in Berlin an einem Seminar für Selbstpräsentation und an einem Check der Bewerbungsmappen teilgenommen. Am 26. April geht es wieder nach Berlin. Dann ist dort ein Matching Day, wo ich mit drei Unternehmen, die ich vorher aussuchen konnte, in Kontakt treten kann“, sagt Odenius. Sie hat sich für das Robert-Koch-Institut, den Axel-Springer-Verlag und Sanofi entschieden.

Entwicklungs-, Kommunikations- oder Pressearbeit kann sich die junge Frau beruflich vorstellen. Lehramt als Quereinstieg wäre aus ihrer Sicht ebenfalls eine Option, schließlich könnte sie Italienisch und Französisch unterrichten. Das Problem: Sie erfüllt die Voraussetzungen für einen Quereinstieg nicht. „Es werden zwei Jahre Berufserfahrung in einem Berufsfeld verlangt, bevor man die fehlende pädagogische Ausbildung machen darf. Doch wie kann ich so etwas erfüllen, wenn es von einem Praktikum zum nächsten geht? Praktika werden nicht als Berufserfahrung gewertet“, berichtet Odenius. Einen Praktikumsplatz für drei Monate könnte sie so schon wieder haben. Aber irgendwann möchte sie auch finanziell auf eigenen Füßen stehen und das, was sie bisher alles gelernt hat, in einem Beruf dauerhaft umsetzen.

Die 28-Jährige ist zurzeit beim Deutschen Katholischen Bildungswerk ehrenamtlich in der Jugendarbeit aktiv und gibt Seminare. „Dazu habe ich eine kurzfristige Beschäftigung bei der Christoffel-Blindenmission (CBM) Deutschland als Aushilfe. Ich betreue unter anderem Messestände der CBM. Dabei kann ich nicht nur Erfahrungen sammeln, sondern auch mein Netzwerk vergrößern. Vielleicht ergibt sich daraus auch eine Jobmöglichkeit“, sagt Odenius.