Fallende RWE-Aktie gefährdet Gewerbepark

Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft will nicht länger Gewinne an den Kreishaushalt abführen. Dies schade der Wirtschaft.

Kreis Viersen. Ausstieg aus der Kernkraft, Wende in der Energiepolitik: Das trifft den Stromkonzern RWE. Sein Aktienkurs ist im Keller, die Dividende wird deutlich geringer als in den Vorjahren ausfallen. Das trifft auch die Kommunen, die große Aktienpakete beim Energiekonzern halten. Sie müssen mit einer geringeren Ausschüttung rechnen.

„Für den Kreis trifft das aber kaum zu“, sagt Landrat Peter Ottmann. Der Kreis besitzt „nur“ gut 66 000 RWE-Aktien. „Wenn die Dividende hier etwas geringer ausfällt, können wir das verschmerzen“, sagt Ottmann.

Anders sieht das bei der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) des Kreises aus. Die ist selbstständig und finanziert sich vor allem aus RWE-Aktien. 1982 hatte der Kreis 1,4 Millionen Aktien des Essener Energieriesen statt Bargeld an die WfG übertragen. Die Wirtschaftsförderer finanzieren damit ihre Arbeit. Sie wickeln vor allem Grundstücksgeschäfte ab. Flächen für Gewerbegebiete werden kreisweit aufgekauft und erschlossen und an Firmen vermittelt.

Das hat über die Jahrzehnte reibungslos funktioniert, sagt WfG-Geschäftsführer Rolf Adolphs. Doch mit knapper werdenden Kassen der öffentlichen Hände schielte die vor allem mit Kommunalpolitikern besetzte Gesellschafterversammlung der WfG auf eine Gewinnausschüttung durch das Unternehmen. Seit 2006 fließen so zwei Millionen Euro jährlich von der WfG in die Kreiskasse. Vor dem Hintergrund massiver Finanzprobleme der Gemeinden im Kreis hatte die Gesellschafterversammlung sogar für 2011 und 2012 eine Sonderausschüttung in Höhe von jeweils 3,5 Millionen Euro beschlossen. Sie wollte damit verhindern, dass die Städte eine höhere Umlage an den Kreis zahlen müssen.

„Das können wir uns nicht mehr leisten“, sagt Adolphs mit Blick auf die zurückgehende RWE-Dividende. Zwei Millionen Euro Gewinn vor Steuern hat seine WfG im vergangenen Jahr erzielt. Geht die Dividende um 1,50 Euro je Aktie zurück, ist der Gewinn dahin. Die Folge: Die WfG muss für ihre Investitionen Kredite aufnehmen, die Grundstücke werden für die Unternehmen teurer. „Das beschädigt den Wirtschaftsstandort Kreis Viersen“, so Adolphs.

Konkret gefährdet ist nach seinen Worten der grenzüberschreitenden Gewerbepark Venlo-Nettetal-Tegelen (Venete). Grundstücke und Erschließung sind laut Adolphs noch nicht bezahlt; müssen sie über Kredite finanziert werden, steigen die Grundstückspreise. Adolphs: „Ein Unternehmer hat mir unmissverständlich erklärt, dass er aussteigt, wenn die Grundstücke teurer werden.“