Prozess um Amoklauf von Schwalmtal: Zwei Versionen zum Tathergang

Schwalmtal/Mönchengladbach. Mit Verzögerung hat am Dienstagmorgen der nächste Prozesstag gegen den Dreifach-Mörder von Amern begonnen. Der Angeklagte Hans P. (72) hatte gesundheitliche Probleme, Druckschmerzen im Brustbereich.

"Das spielt der nicht", erklärte Richter Lothar Beckers, der sich selbst ein Bild davon gemacht hatte, Staatsanwalt und Nebenklage-Anwälten. Es wurde beratschlagt, einen Internisten hinzuzuziehen, dann ging es mit einer halben Stunde Verspätung aber doch los.

P. habe in den ersten Vernehmungen, noch in der Nacht nach der Tat, "ruhig und gefasst" gewirkt, berichtete der Kommissar, der diese Befragungen geleitet hatte. Außer, was den Verbleib der Waffe angehe, habe er sofort und präzise geantwortet. Einen Anwalt wollte er nicht. Es sei sein Lebensmotto, zu dem zu stehen, was er tue. Außerdem traue er keinem Anwalt mehr. Von Anwälten sei er schon oft genug betrogen worden.

An die Waffe kam der Ermittler durch genaue Beobachtungen: P. sei ein extrem ordentlicher Mann, habe er festgestellt, und ihm dann auf den Kopf zugesagt: "Sie sind so ordentlich, Sie werfen keine Waffe aus dem Fenster." Daraufhin habe der Angeklagte das Versteck im Spitzboden des Hauses verraten.

Warum ihm so viel daran gelegen hatte, dass die Waffe nicht gefunden wird, konnte das Gericht nicht ergründen. P.s Enkel Andreas (19, Name geändert), beschreibt ihn als launenhaft und teilweise gewalttätig. Seine Cousins und er hätten öfter Prügel bezogen, wenn es dem Großvater zu laut geworden sei.

Sein Verhältnis zu seinem Großvater und seiner Mutter sei vollends zerstört worden, als er 2004 nach einem Sorgerechtsstreit zum Vater umziehen wollte und durfte. P. habe ihm da mit einer Faust ins Gesicht geschlagen, berichtet er vor dem Gerichtssaal. "Meine Mutter stand daneben, und später haben beide gesagt, ich sei die Treppe heruntergefallen." Für ihn sei P. ein "fremder Mann". Seine Mutter hasse er sogar dafür, dass sie keine Muttergefühle zeige.

Für den Rest des Prozesstags ging es in der Hauptsache um den von P. in die Diskussion gebrachten "Auslöser" der Bluttat. Es geht um den April 2006. P.s Ex-Schwiegersohn Joseph M. (Name geändert) wollte mit seiner Lebensgefährtin und Sohn Andreas in die Obergeschosswohnung des Hauses am Margeritenweg einziehen, wo später die Bluttat geschah. Man war dabei zu renovieren.

Was wirklich geschah, dazu hat das Gericht nun zwei Versionen vorliegen. Jasmin S. (Name geändert), die Lebensgefährtin von Joseph M., sowie dessen Tante Maria C. (71, Name geändert) sagen übereinstimmend aus, P. habe sie ohne ein Wort der Vorwarnung im Hausflur mit einem Baseballschläger angegriffen und losgeprügelt. Während Jasmin S. sich in die obere Wohnung retten konnte, habe sie immer wieder den Satz "Ich schlag Dich tot" gehört. "Und als es still wurde, habe ich gedacht: Jetzt lebt Tante Maria nicht mehr." Sie war aber nur ohnmächtig.

Hans P. dagegen hat immer angegeben, er sei nicht der Täter gewesen, alles sei nur inszeniert worden, um ihm zu schaden. In Wahrheit habe der Bruder von Jasmin S. zugeschlagen und die Tante nur aus Versehen getroffen. Tatsächlich versuchte sein Anwalt Michael Rost zu ergründen, warum sein Mandant denn Verletzungen am ganzen Körper gehabt habe - bislang erfolglos.

Maria C., so stellte sich während ihrer Aussage heraus, kennt den Angeklagten schon von klein auf. Beide wuchsen gemeinsam in Flatow in Westpreußen auf. "Der war noch nie gut", sagte sie kopfschüttelnd im Zeugenstand. Auf Nachfrage des Richters berichtete sie dann von einer brutalen Tierquälerei in P.s Jugendzeit.

Der Prozess wird am 23. März fortgesetzt, das Urteil soll im April fallen.