Ostern in Viersen Päckchen für Rumänien sitzen fest

Viersen. · Elisabeth Bublitz muss ihren Hilfstransport nach Rumänien wegen der Corona-Krise verschieben. Doch abgesagt ist er nicht.

Die Osterpäckchen sind zwar schon gepackt, doch die Initiatorin Elisabeth Bublitz kann sie derzeit nicht nach Rumänien transportieren.

Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

In der Garage der Familie Bublitz stapeln sich die Kartons fast bis zur Decke. Spielzeug, Süßigkeiten und Kinderkleidung sind darin verstaut, gespendet von vielen Viersenern. Am liebsten würde Elisabeth Bublitz jetzt all die Osterpäckchen in ihren kleinen Transporter laden und von Viersen-Noppdorf aus aufbrechen in Richtung Rumänien – so, wie sie es sonst an Ostern tut. Doch wegen der Corona-Krise kann sie jetzt nicht weg, kann die Spenden nicht an die Kinder in Siebenbürgen überreichen, die sie mit ihrer Organisation Rumänien-Hilfe betreut. „Es ist ein ganz komisches Gefühl, dass ich nicht da sein werde. Ich bin seit 17 Jahren jetzt zum ersten Mal an Ostern zu Hause“, sagt Bublitz. Doch für sie steht fest: „Sobald die Grenzen wieder offen sind, werde ich alles hinbringen. Und zur Not beauftrage ich stattdessen irgendwann ein Transportunternehmen.“

20 Kinder werden
nachmittags betreut

Elisabeth Bublitz war 2019 mit ihrem kleinen Transporter in Aiud und umliegenden Dörfern, um Osterpäckchen abzuliefern.

Foto: Bublitz

Bublitz hat die Rumänien-Hilfe vor 17 Jahren gegründet, um Familien in Siebenbürgen, die wenig Geld haben, zu unterstützen. Am Rande der Stadt Ocna Mures (deutsch: Miereschhall) gebe es eine Roma-Siedlung. Dort, in einem stillgelegten Teil einer Schule, würden nachmittags 20 Jungen und Mädchen betreut, erzählt die 61-Jährige. „Das ist unser Kinderprojekt. Wir haben zum Beispiel eine Musiklehrerin, die nachmittags mit den Kindern ganz viel singt.“ Die Betreuer basteln mit den Kindern, spielen mit ihnen Theater, es werde aber auch über Themen wie Hygiene und Haushalt gesprochen – „das ist wie eine große Familie“. Außerdem organisiert die Rumänien-Hilfe noch das Brotprojekt: „30 Familien können sich in einem kleinen Laden jeden Tag ein bis zwei Brote abholen. Teilweise laufen die Leute dafür acht bis zehn Kilometer weit.“ 500 Euro benötigt die Rumänien-Hilfe pro Monat, damit das Brotprojekt gesichert ist. Und: „Das muss unbedingt weitergehen, das ist für die Leute lebensnotwendig“, betont Bublitz. Das Problem: Normalerweise nimmt sie das Geld vor allem ein, weil sie mittwochs, freitags und samstags an einem Stand vor der evangelischen Kreuzkirche in Viersen unter anderem selbstgestrickte Socken, Topflappen, Pullover und gespendeten Trödel verkauft. Doch wegen der Corona-Pandemie darf sie den Stand derzeit nicht betreiben, „ich bin also noch mehr auf Spenden angewiesen als sonst“, sagt Bublitz. „Für diesen Monat ist noch bezahlt“, ergänzt sie – wie es dann weiter geht, ist ungewiss.

Zu der Musiklehrerin in Ocna Mures hat Bublitz regelmäßig Kontakt. Vor Ort dürften die Bewohner höchstens zwei Stunden am Tag ihre Häuser verlassen, erzählt Bublitz. „Normalerweise sind die Leute da immer draußen. Kinder unter 16 Jahre dürfen im Moment gar nicht raus, die sind richtig eingesperrt“, erklärt sie. „Und jetzt kann ich ihnen nicht mal eine Freude machen mit Spielzeug oder irgendwelchen anderen schönen Dingen aus den Osterpäckchen.“ An Ostern 2019 hat Bublitz in Ocna Mures, der nahegelegenen Stadt Aiud und umliegenden Dörfern rund 250 Osterpäckchen verteilt. „Ich fahre da übers Land und bin etwa eine Woche unterwegs“, sagt sie. Jetzt lagern in ihrer Garage rund 30 Päckchen von Viersenern, die ihre Spenden noch vor der Corona-Krise bei ihr abgegeben haben. Bublitz sammelt auch noch weiter, sie weiß eben nur nicht, wann die Päckchen in Rumänien zugestellt werden können.

Am Ostersamstag wollte sie eigentlich losfahren. „Ich hatte das alles gar nicht so schwerwiegend eingeschätzt, aber als ich dann hörte, dass die Grenzen geschlossen werden, war mir klar, dass ich nicht fahren kann“, erzählt sie. Einer ihrer Enkel, der 13-jährige Hugo, sollte sie wie immer begleiten. „Er ist traurig, dass er nicht mit kann“, denn die Eltern, Kinder und Betreuer in Rumänien seien „wie unsere zweite Familie“. Mit dieser zweiten Familie hat Bublitz schon mehrfach wie dort üblich das orthodoxe Osterfest gefeiert. Manchmal war sie an Ostern auch noch unterwegs in ihrem Transporter, denn die Fahrt nach Rumänien – mit Zwischenstopp in Sachsen, wo sie bei ihrem Sohn noch Enkel Hugo abholt – dauert etwa zweieinhalb Tage. „Diesmal feiere ich zu Hause mit der Familie“, erzählt Bublitz. Zwar kann sie nicht alle ihre fünf Kinder und sieben Enkel sehen, „aber wir telefonieren“. So, wie sie es sonst auch machen, wenn Elisabeth Bublitz an Ostern unterwegs ist – das neuartige Coronavirus verändert eben doch nicht
alles.