Verkehr: Augen auf bei radelnden Kindern
Viel zu häufig sind junge Radler Opfer von Unfällen. Deshalb kontrolliert die Polizei verstärkt.
Viersen. Morgens, kurz nach acht an der Brabanter Straße in Dülken. Dort liegt eine Schule, dort gilt Tempo 30, und trotzdem wird immer noch zu schnell gefahren. Schon sieben Autofahrer hat die Polizei an diesem Morgen bei Geschwindigkeitsübertretungen erwischt, der Schnellste war mit 50 km/h statt 30 Kilometer pro Stunde unterwegs.
„Mich hat noch jemand per Lichthupe gewarnt“, erzählt ein weiterer Autofahrer den Beamten am Wacholderweg. „Aber ich hatte ja den Tempomat auf 50 gestellt, um nicht zu schnell zu sein und fühlte mich sicher.“
Dass er in eine Tempo-30-Zone gefahren sei, habe er nicht bemerkt, dass dort eine Schule sei, nicht gewusst. 43 km/h hat das Messgerät vermerkt, die fälligen 25 Euro kann er direkt bezahlen. Derjenige, der ihn warnen wollte, hätte übrigens, wäre er erwischt worden, auch ein Verwarngeld bezahlen müssen, weil das verboten ist.
Die Kontrollen geschehen nicht ohne Grund: Von Januar bis Juni dieses Jahres verunglückten bereits 41 radfahrende Kinder. 80 Prozent von ihnen waren zwischen zehn und 14 Jahren alt. 2013 gab es in der gleichen Zeit 30 Unfälle mit jungen Radlern, 2012 „nur“ 22.
Weder geschehen die Unfälle brennpunktmäßig an nur wenigen Orten, noch passieren sie immer auf die gleiche Art. Bei etwa der Hälfte sind die Radfahrer die Unfallverursacher, bei der anderen sind sie die Opfer. Das einzige, was klar ist: Unfälle „passieren“ nicht einfach, „sie werden durch fahrlässiges oder bewusstes Fehlverhalten verursacht“, wie es Polizeisprecherin Antje Heymanns formuliert.
Und dieses Fehlverhalten möchte die Polizei durch verschiedene Aktionen so weit wie möglich abstellen, um jungen Radfahrern eine unfallfreie Fahrt zu ermöglichen. Deswegen geht es bei den Kontrollen vor den Schulen nicht nur um die Geschwindigkeit der Autofahrer. Auch die jungen Radfahrer müssen lernen. Wer nur wenige hundert Meter von der Schule entfernt auf der gleichen Straßenseite wohnt, könnte zum Schluss kommen, dass es für das radelnde Kind ungefährlicher sei, auf der falschen Seite zu radeln — statt zweimal eine vielbefahrene Straße wie die Brabanter Straße zu überqueren.
Das bringt die Gefahr mit sich, dass ein Autofahrer, der aus einer Einfahrt kommt, das Kind erst zu spät sieht, weil er nicht damit rechnet, dass jemand von dieser Seite kommt. Es bleibt eine Gratwanderung. Kinder bis acht Jahre müssen auf dem Gehweg fahren, bis zehn Jahre dürfen sie es.
Auch Eltern sind gefordert: Das Rad des Kindes sollte auf Funktionstüchtigkeit geprüft werden. Wer sein Kind zur Schule bringt, es dabei eilig hat, zu schnell oder unkonzentriert unterwegs ist und vielleicht noch im Halteverbot vor der Schule steht, sollt sein Verhalten überdenken — ebenso Fahrer, die auf Bürgersteigen und Radwegen parken.