Nennung von Tätern und Opfern NS-Gedenkstätte im Datenschutz-Visier
Viersen. · Es geht um die Nennung der Namen von Tätern und Opfern auf der Internetseite.
Die NRW-Datenschutzbeauftragte prüft, ob die virtuelle NS-Gedenkstätte in Viersen möglicherweise gegen das Datenschutzgesetz verstößt und Persönlichkeitsrechte von Nachfahren verletzt. Auf der entsprechenden Internetseite, die der „Verein Förderung der Erinnerungskultur Viersen 1933 - 45“ programmiert hat, werden Namen und Wohnort von Viersener NS-Opfern genannt, ebenso auch Name und Anschrift von Tätern. „Auf den ersten Blick erscheint uns das nicht unproblematisch“, erklärte Nils Schröder, Sprecher der Landesdatenschutzbeauftragten. Allerdings stehe die Prüfung noch ganz am Anfang.
Mit einer begleitenden Ausstellung im Stadthaus war die virtuelle NS-Gedenkstätte in der vergangenen Woche ans Netz gegangen. Auch im Stadthaus lassen sich die Inhalte online abrufen. Das soll auch trotz des eingeleiteten Prüfverfahrens so bleiben, erklärte eine Sprecherin der Stadt Viersen. Die Ausstellung werde, wie geplant, bis Sonntag, 24. November, zu sehen sein. Gegen Mittag werde der veranstaltende Verein „Förderung der Erinnerungskultur“ die Schau
abbauen.
Die Stadtsprecherin erklärte: „Nach Kenntnis der Stadtverwaltung ist höchstrichterlich entschieden, dass eine namentliche Veröffentlichung von Tätern zulässig und geboten ist bei Straftaten, die zeitgeschichtlich bedeutsam sind, insbesondere bei NS-Taten.“
Dabei verwies sie auf ein Urteil des Bundesverfassungsgericht von 1973, das sogenannte Lebach-Urteil. Es gilt in der Rechtswissenschaft als Grundsatzurteil zum Verhältnis von Rundfunkfreiheit und Persönlichkeitsrecht. Der Verein verweist darauf, dass alle Daten der virtuellen Gedenkstätte auch zuvor frei öffentlich zugänglich gewesen seien – etwa in Stadtarchiven.
Datenschutzbeauftragter fordert Stellungnahme des Vereins
Grundsätzlich genießen nur lebende Personen Datenschutz. „Wir können uns aber gar nicht sicher sein, dass tatsächlich alle in der Internetpräsenz veröffentlichten Menschen bereits verstorben sind“, erklärte der Sprecher der NRW-Datenschutzbeauftragten. Hinzu komme, dass durch die Nennung von Name und Ort auch die Persönlichkeitsrechte von Angehörigen oder den Menschen betroffen sein könnten, die heute in den Häusern
wohnen.
Die Datenschutzbeauftragte wird in den kommenden Tagen den Verein zu einer Stellungnahme auffordern. Darin soll erklärt werden, auf welcher Rechtsgrundlage die Daten veröffentlicht wurden, ob das Einverständnis von Nachfahren eingeholt wurde. Kommt die Datenschutzbeauftragte am Ende der Prüfung zum Ergebnis, dass die Nennung nicht mit der Datenschutzgrundverordnung in Einklang zu bringen ist, kann sie verschiedene Maßnahmen treffen. „Es gibt da einen ganzen Werkzeugkasten – das reicht von einem einfachen Hinweis über eine Anordnung, die Namen zu entfernen, bis zum Bußgeld“, erklärte der Sprecher. Das Prüfverfahren wird voraussichtlich mindestens vier Wochen dauern.