Auktion in Viersen In der Villa V wird ein Kunstwerk zerlegt
Viersen · Was die Künstlerin Eva Koethen zusammengefügt hat, sollen Käufer nun scheiden: 56 Fotografien werden in Viersen zum Kauf angeboten – für einen sozialen Zweck. Was das mit einem Schwimmbad zu tun hat und was die Werke kosten.
Das Schwimmbad ist aus dem Garten ins Haus umgezogen und liegt auf dem Fußboden. Mit viel Wasser und dennoch vollkommen trocken. Denn bei diesem „Schwimmbad“ handelt es sich um eine ortsbezogene Kunstinstallation der in Berlin lebenden Künstlerin Eva Koethen im großen Raum der Villa V an der Burgstraße 4. Die Installation besteht aus 56 Einzelfotografien zum Thema Wasser, die zu einem großen Rechteck zusammengefügt sind und genau die Maße des Schwimmbeckens hat, das im hinteren Garten der Villa zu finden ist.
Beim Betreten des Raums vollziehen die Gäste unabgesprochen und unbewusst ein kleines Ritual: Erst gibt es ein kurzes Zögern, dann geht ein fragender Blick zur Künstlerin und zur Hausherrin der Villa, Gerda-Marie Voss. Beide nicken und die Besucherinnen und Besucher setzen zunächst zaghaft, dann immer selbstbewusster ihre Füße auf die Kunst in Form einer Bodeninstallation aus Fotografien. Auf diese Weise werden sie Teil des Kunstobjektes, sind sie plötzlich in die Situation geraten, nicht wie üblich nach vorne schauend Kunst zu entdecken, sondern, indem sie die Augen nach unten richten. Die Perspektive ändert sich. Der gewohnte Zugang zur Kunst ändert sich – im wortwörtlichen Sinne. Bald könnten die Einzelfotografien auf vielen privaten Böden oder an Wänden hängen. Denn Eva Koethen hat beschlossen, das Kunstwerk zu zerlegen und es zugunsten des Medikamenten-Hilfswerks Action Medeor zu versteigern.
Zur Auftaktveranstaltung der Auktion der 56 Fotografien hatte Gerda-Marie Voss in die jetzt in die Villa V eingeladen. Im Gespräch mit dem Journalisten Ralf Jüngermann erzählte Koethen von der Entstehungsgeschichte der Installation, von ihren künstlerischen Ansätzen und weiteren Projekten. Die Idee zur Installation „Das Schwimmbad dringt ins Haus“ begann im Jahr 2014. Da fand ihr erster Besuch in der 1930 durch den Architekten Bernhard Pfau errichteten Villa statt. Die wandhohen Glasfronten zur Gartenseite holen optisch die Außenwelt ins Innere. Koethen ging während ihres ersten Besuches auf Entdeckungstour und fand das Gartenschwimmbad. Die Idee begann zu reifen, das Schwimmbad künstlerisch ins Haus zu holen.
Koethen griff die Maße und Proportionen des Schwimmbades auf, die Grundlage für die Bodeninstallation mit dem Titel „Das Schwimmbad dringt ins Haus“ wurde. Die 56 Bilder nahm sie während ihrer Reisen auf. Alle haben mit Wasser zu tun: Die Fotografien zeigen Wasser in Paris, Schnee in der Schweiz, ein Schwimmbad, eine Badewanne, den Iseosee mit der Verpackungsinstallation von Christo, verrostete Teile und verendete Tiere, die aus dem Wasser gezogen wurden, oder Boote.
Die in Heidelberg geborene Künstlerin hat an der Kunstakademie München und an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin Kunstgeschichte, Philosophie und Psychologie studiert. Zahlreiche Reisen führen sie nach Japan, Frankreich, Irland, Italien. Seit den 1990-er Jahren befasst sie sich mit den Installations- und Bodenbildern. In der Villa V zeigt Eva Koethen neben der Bodeninstallation ihre größeren und kleineren „Realien“ – Fundstücke, die zu Skulpturen werden, sowie weitere Fotografien.
Eine durch Zusammenfügen entstanden Installation wird nun gewissermaßen rückwärts abgewickelt, zerlegt und versteigert. Und das funktioniert so: Bis September haben Interessenten Zeit, die Bodeninstallation in der Villa V zu sehen und sich für eine oder mehrere Fotografien zu entscheiden. Voss hat eine Kopie der Installation vorbereitet, auf der sie die ausgewählten Fotos für den jeweiligen Käufer markieren kann. Ende September sind alle noch einmal in die Villa V eingeladen, dann wird die Installation „zerlegt“ und in neue Hände gegeben.
Der Preis für ein Foto beträgt 100 Euro, für jedes weitere 75 Euro. Nimmt jemand mehr als fünf Fotografien mit, sinkt der Preis auf je 50 Euro. Jeder könne im Sinne des guten Zwecks selbstverständlich mehr bezahlen, erklärte Jüngermann.