Info-Veranstaltung Asylunterkunft: „Turnhalle ist die schlechteste Lösung“

An der Diskussion um neue Unterkünfte in Tönisvorst nahmen Anwohner, Helfer und Flüchtlinge teil.

Foto: Reimann

St. Tönis. Vor etwa zwei Wochen soll sich die Stadtverwaltung mit dem Eigentümer der ehemaligen Daihatsu-Zentrale an der Industriestraße in St.Tönis einig gewesen sein: vorbehaltlich der Zustimmung des Rates am 18. Juni könnten dort 130 bis maximal 180 Asylbewerber untergebracht werden.

„Klar brauchen wir jetzt generell noch ein umfassendes Unterbringungskonzept und für die neuen Räumlichkeiten auch noch ein Betreuungskonzept“, sagte Ordnungsamtsleiter Wolfgang Schouten auf der Info-Veranstaltung in der Aula Kirchenfeld mit 140 Zuhörern.

Schon nach der Sitzung des Liegenschaftsausschusses tags zuvor hatten 30 direkte Anwohner ihren Protest gegen die ihrer Meinung nach viel zu große Sammelunterkunft zum Ausdruck gebracht. Zur Info-Veranstaltung kamen auch einige Ehrenamtliche, die sich für die Flüchtlinge engagieren.

Einer davon ist der 20-jährige, in Deutschland geborene und in St. Tönis wohnende Ziad El Ali, mit libanesischer Abstammung. Er brachte sechs der insgesamt 28 Asylbewerber mit, die derzeit unter sehr schlechten Bedingungen in der Turnhalle leben.

Ziad sagte: „Die Halle ist dafür die denkbar schlechteste Lösung, so ist zum Beispiel auch eine vierköpfige Familie darunter, die auch mal eine Tür haben möchte, die sie zumachen kann, um miteinander zu reden.“

Eingangs hatten Bürgermeister Thomas Goßen und Fachbereichsleiter Marcus Beyer die Notwendigkeit der Unterbringung in den ehemaligen Daihatsu-Büros deutlich zu machen versucht. Diese sei alternativlos. Bezugsbeginn könne bereits Ende der Sommerferien sein. Die Immobilie sei dafür gut geeignet, zumal der Eigentümer die ganzen Umbauten mache, der Mietpreis, den die Stadt zahle, moderat sei. Ziel dort sei eine Obergrenze von 130 Flüchtlingen. Goßen: „Dann ist noch ein vernünftiges Miteinander möglich.“

Dies bezweifeln die Anwohner. Auch aufgrund ihrer Erfahrungen, die sie früher jahrelang in einer benachbarten kleinen Containersiedlung mit zuletzt 60, meist männlichen Flüchtlingen gemacht hatten. Sprecherin der Anwohner war Constanze Lambertz: „Die damalige Unterkunft verkam zuletzt immer mehr, sie wurde nicht gereinigt, es gab nahezu keine Betreuung, viel Lärm und sogar sexuelle Übergriffe.“ Auch Handwerker, die vor Jahren in dem Daihatsu-Gebäude gearbeitet hatten, bezweifelten das angedachte Raumkonzept und eine menschenwürdige Unterbringung.

Goßen nannte anfangs Mindest-Vorstellungen des Flüchtlingsrates, der für einen Asylbewerber eine Fläche von mindestens neun Quadratmetern wünscht. „Aus den Büros könnten viele Zwei-Raum-Zimmer mit insgesamt 14 Quadratmetern gemacht werden“, sagte Marcus Beyer später.

Einige Anwohner waren nicht abgeneigt, sich selbst um die Flüchtlinge zu kümmern. In kleinen Einheiten, aber nicht in der Form eines isolierten Lagers.

Von einer Isolation könne, so Goßen, überhaupt keine Rede sein, die Menschen seien schnell im Ort, könnten sich auch in den benachbarten Discountern versorgen. Einige Redner und Ehrenamtliche stellten sich ohne Wenn und Aber auf die Seite der Stadt, sagten auch den dort vielleicht bald untergebrachten Flüchtlingen Unterstützung zu.

„Wälzt nicht alles auf die Ehrenamtlichen ab, wie sieht für die 130 Menschen dann die konkrete Betreuung durch die Stadt aus?“, wollte Lukas (21), der selbst ein Ehrenamt hat, wissen. Dazu der Bürgermeister: „Wir werden dafür sorgen, dass regelmäßig ein Ansprechpartner da ist.“ Die externe Reinigungsgesellschaft werde auch dort für Sauberkeit sorgen.

„Wir können das Problem anders nicht mehr bewältigen“, sagte Goßen. Er will weiterhin den Dialog mit den Anwohnern. Andere Redner erinnerten an viel größere Unterkünfte in der Nachbarschaft. Ein Hauptberufler der Diakonie, der im Kreis die ehrenamtliche Arbeit für die Flüchtlinge koordiniert, sagte: „Hier in St. Tönis wird auf einem sehr hohen Niveau geklagt.“