Der Kirchen-Alltag ist grün
Die Farbe tragen Geistliche häufig. Ostern ist in der katholischen Kirche allerdings ein Hochfest — und daher weiß.
St. Tönis/Kempen. Wenn Propst Thomas Eicker heute am späten Abend mit den Gläubigen in St. Tönis die Osternacht feiert, wird er am Altar von St. Cornelius ein weißes Gewand tragen. „Weiß, die Farbe des Lichts, wird an den kirchlichen Hochfesten getragen“, erklärt der katholische Geistliche aus Kempen. Und das wichtigste Fest der Katholiken ist Ostern.
Bis das Grün, das man landläufig mit dem Frühjahr verbindet, in textiler Form in den Kirchen Einzug hält, wird es noch einige Wochen dauern. Erst kurz nach Pfingsten, das in diesem Jahr auf den 20. Mai fällt, streifen sich die Geistlichen Gewänder in dieser Farbe über und verwenden entsprechende Tücher auf dem Altar. Denn dann beginnt die sogenannte „Zeit im Jahreskreis“. Gemeint sind die Phasen im Kirchenkalender ohne unmittelbaren Bezug auf die Fastenzeit und Ostern oder die Adventszeit und Weihnachten.
Grüne Ostern
Von der „Quantität“ her sei Grün also die dominierende Kirchenfarbe, so Eicker. Denn es sei in der langen Phase zwischen Pfingsten und Advent sehr häufig zu sehen. Auch die Zeit zwischen der Taufe des Herrn (Anfang Januar) und Aschermittwoch ist eine „im Jahreskreis“.
Also: häufig grün, aber auch im Jahreskreis nicht immer. Denn es gibt Ausnahmen, zum Beispiel den Dreifaltigskeitssonntag direkt nach Pfingsten (weiß). „Auch Marienfeste sind außerhalb der grünen Ordnung“, erklärt der Propst.
Doch wofür steht nun die Farbe Grün in der Kirche? „Für den Kreislauf der Vegetation“, so die Antwort des Fachmanns. Nach theologischer Deutung ist es ein Symbol des Wachstums. „Nach der Verkündigung ist es das Reich Gottes, das wächst.“ Aufgabe der Gläubigen sei es, dieses Wachstum wahrzunehmen und durch das eigene Verhalten zu befördern. Auch auf die bekannte Interpretation als „Farbe der Hoffnung“, nimmt Thomas Eicker Bezug: „Die Hoffnung auf Christus, der wiederkommt.“
Der Theologe aus Kempen kann auch erklären, wann und warum es in der Kirche bunt wurde. Denn ursprünglich waren sämtliche Messgewänder schlicht weiß gewesen. „Auch die Neugetauften kamen in Weiß zum Gottesdienst“, erinnert der Propst an die Frühzeit des Glaubens.
Im Mittelalter, ab dem 11. Jahrhundert, habe es dann einen Wandel gegeben. „Man versuchte, Stimmungen zu erzeugen und Bezüge zu den jeweiligen Festen herzustellen.“ Man habe den Menschen „Bilder präsentieren“ wollen. Farbige Bilder.
Das Gewand, zu dem Thomas Eicker seit fast 30 Jahren einen ganz besonderen Bezug hat, ist in Weiß gehalten. Der Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) Kempen/Tönisvorst hat es seinerzeit zur Primiz von seiner Heimatpfarrei St. Notburga in Viersen geschenkt bekommen. Primiz ist die erste Messe, die ein neugeweihter Priester sozusagen in Eigenregie hält. Oft feiert er sie in der Gemeinde, in der er aufgewachsen ist.
Heute Abend wird Eicker allerdings nicht auf das Geschenk aus Viersen zurückgreifen. Dieses lässt er stets in Kempen zur dortigen Verwendung hängen. „In der Sakristei von St. Cornelius werde ich aber sicher auch ein schönes finden.“