Der Stahl kehrt ins Stahlwerk zurück
Eine völlig neue Firma mietet die Halle 4 im Gewerbepark an. Zuvor muss dort noch unter Hochdruck umgebaut werden.
Willich. Plötzlich geht alles ganz schnell: Jahrelang hatten die Grundstücksgesellschaft der Stadt und die Wirtschaftsförderung vergeblich versucht, die fast 10 000 Quadratmeter große Halle 4 auf dem Gelände des Stahlwerks Becker zu verkaufen oder zu vermieten. Mitte August klingelte dann bei Wirtschaftsförderer Christian Hehnen das Telefon: Der Duisburger Bernd Hollaender zeigte großes Interesse daran, in Willich einen neuen Handel mit Stahlrohren anzusiedeln. Schon 24 Stunden später setzte sich Hehnen mit Hollaender und dessen Kompagnon Dirk Graumann zu ersten Verhandlungen zusammen — und nur zwei Monate später wurden beide gestern als Mieter der Halle vorgestellt.
Dass sich am größten Gebäude im Gewerbepark etwas tut, war schon seit einigen Wochen zu erkennen: Innen und außen hatten umfangreiche Bauarbeiten eingesetzt. „Um die Halle überhaupt nutzbar zu machen, müssen wir dort etwa 1,2 Millionen Euro reinstecken“, erklärt Willy Kerbusch, Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft. In den vergangenen Jahren war das ungenutzte, aber unter Denkmalschutz stehende Gebäude nämlich stark verfallen. Nur noch die Tauben fühlten sich dort wohl. Kaputte Fenster, Rost an allen Ecken, Löcher im Dach — all dies muss beseitigt werden. Vor sechs Wochen wurde damit begonnen, auch jetzt sind die Arbeiten noch nicht abgeschlossen.
Erneuerung der Dachhaut, Einbau neuer Fenster, Einbau neuer Elektroleitungen, Korrosionsschutz für die Stahlträger, Begradigung des Hallenfußbodens, Einbau eines neuen Tores, Fertigstellung einer 3000 Quadratmeter großen, zweispurigen Außenumfahrung — die Liste, die mehrere Willicher Firmen in der Halle abzuarbeiten haben, scheint endlos. Bevor es überhaupt losgehen konnte, musste jede Menge altes Gerümpel entfernt werden. Auch zwei alte Kranbahnen wurden ausgebaut. Mittlerweile sind sie durch zwei Zehn-Tonnen-Kräne ersetzt worden, die Willy Kerbusch gebraucht besorgen konnte. Eine der beiden Kranbahnen ist 35 Meter breit.
„Herr Kerbusch packt die ganze Sache sehr dynamisch an“, lobt Bernd Hollaender. Überhaupt ist er sehr beeindruckt davon, wie in Willich Hand in Hand gearbeitet wird: „Sogar die Firmen auf der Baustelle helfen sich ganz selbstverständlich gegenseitig.“ In seiner Heimatstadt Duisburg, wo die neue Firma ProPipe GmbH ursprünglich ihren Sitz haben sollte, sei das Entgegenkommen leider nicht so groß gewesen.
Die auf zehn Jahre vereinbarte, gestaffelte Miete, die Hollaender und Graumann in Willich zahlen, liegt im sechsstelligen Bereich — mit der Option, auf 15 Jahre zu verlängern. Eine große Summe für ein Unternehmen, das gerade erst aufgebaut wird. Doch die beiden Geschäftsführer blicken auf mehr als 30 Jahre Erfahrung im Stahlrohrhandel zurück. Sie haben zuletzt bei einem großen deutschen Stahlhändler in leitender Position gearbeitet. „Dort habe ich unter anderem die Rohre für den Borussia-Park und für das Stadion in Dortmund geliefert“, sagt Hollaender. Ihre Erfahrung und die vielfältigen Kontakte im In- und Ausland wollen sie nun im eigenen Unternehmen nutzen. Und die Sache läuft gut an: Nach nur wenigen Tagen am Markt sei ein erster Großauftrag eingegangen, verrät Hollaender.
„Die Halle 4 im alten Stahlwerk passt perfekt zu uns“, sagt der Mann aus Duisburg. Die Firma Concept4net, die den Web-Auftritt von ProPipe vorbereitet, habe den Kontakt zu Christian Hehnen vermittelt. Zuvor war eine Hallenanmietung in Krefeld ganz kurzfristig geplatzt.
Offiziell übernehmen Graumann und Hollaender am 15. November die Halle. Nutzen werden sie sie schon ab morgen. Dann werden die ersten Rohre angeliefert — und der Stahl kehrt ins Stahlwerk zurück.