Ehrenamt Sterbebegleitung Der Tod ist kein Tabu-Thema

St. Tönis · Regine Mündelein ist Sterbebegleiterin. Im Oktober beginnt bei der Hospiz-Initiative Viersen ein Seminar.

Regine Mündelein erlebt ihre Aufgabe als Sterbebegleiterin als persönlich bereichernd.  Das Thema Tod ist für sie kein Tabu-Thema.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Vor eineinhalb Jahren hat Regine Mündelein dem Tod Raum in ihrem Leben gegeben. Sich der Endlichkeit des Menschen zu stellen, war eine Entscheidung, die die 58-Jährige bewusst getroffen hat. Auch wenn damit untrennbar Gedanken an das eigene Ende einhergehen.

Regine Mündelein hat die Ausbildung zur ambulanten Sterbebegleitung abgelegt. Sie ist damit eine von sieben Ehrenamtlerinnen in der St. Töniser Hospizgruppe. 70 Begleiter sind es kreisweit.

Früher, sagt Mündelein, habe das Thema Tod in der Gesellschaft seinen Platz gehabt: „Er war eine Selbstverständlichkeit. Das hatte eine tiefe Stimmigkeit. Heute gibt es Berührungsängste mit dem Thema Tod.“ Er sei ein Tabu. Dabei seien doch gerade Geburt und Tod die Eckpunkte des Menschseins, archaische Erfahrungen. „Die Endlichkeit zulassen können“ – das ist für Mündelein Dreh- und Angelpunkt in der Begleitung.

Ende der 1990er Jahre erstmals von der Ausbildung gehört

Ende der 1990er Jahre hat Mündelein zum ersten Mal von der Ausbildung zur Sterbebegleiterin gehört: „Die Mutter einer Schulfreundin meiner Tochter hat sie absolviert. Das hat mich damals schon sofort interessiert, aber ich steckte da selbst in einigen Ausbildungen“, erzählt die Sozialpädagogin, die seit vielen Jahren auch Kurse in Bewegung und Tanz anbietet. „Ich habe mir das damals auf meine Festplatte gepackt.“

2017 legte sie sich das Thema auf Wiedervorlage. Regine Mündelein meldete sich in der ambulanten Hospizinitiative zu dem Ausbildungskanon von September bis Mai an. „Man trifft sich einmal in der Woche abends von 18 bis 21.30 Uhr. Wir waren eine tolle Truppe, von 25 bis 75 Jahre.“ Zunächst sei es darum gegangen, sich und die Gruppe kennenzulernen. „Man schildert Erfahrungen, die man mit Tod und Sterben gemacht hat.“

Regelmäßig erschienen Referenten zu den Abenden. Ein Arzt beispielsweise. Oder eine Pflegefachkraft aus der Palliativabteilung, die außerdem Aroma-Therapie und Handmassagen nahebrachte. Eine Referentin klärte über Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten auf. Es ging in der Ausbildung außerdem um rechtliche Aspekte und spirituellen Komponenten in der Sterbebegleitung.

„Jedes Wochenthema war eine unglaubliche Bereicherung“, sagt Mündelein. Gemeinsam habe man das Erkelenzer Hospiz besucht. Am Ende der Qualifizierung standen Hospitationen. Regine Mündelein erlebte je einen Tag auf der Palliativstation in Nettetal und im Kinderhaus des AKH Viersen.

Wachheit und Präsenz gegenüber dem sterbenden Menschen

In der Sterbebegleitung profitiere sie persönlich „von der Entschleunigung. Ich muss Geduld haben, langsamer und achtsamer sein als im Alltag“. Diese Wachheit und Präsenz gegenüber dem sterbenden Menschen erfordere ein anderes Tempo. „Wichtig ist es, dass meine Begleitung so läuft, dass sie für den, dem sie gilt, eine stimmige Sache ist.“ Das Gegenüber entscheide, was geht und was nicht. Zu der Professionalität einer Sterbebegleitung „gehört es auch, dass ich erkenne, wann ich verkehrt bin“.

Im Krankenhaus ist die Rede von Patienten, im Seniorenheim von Bewohnern, im Hospiz von Gästen. Regine Mündelein spricht von den Sterbenden als jenen, „die wir in der Übergangszeit begleiten“.

Auf die Frage, was man mitbringen müsse, wenn man sich für die Ausbildung der ambulanten Hospizinitiative interessiere, antwortet Mündelein: „Offen sein. Sich einlassen. Dann ist für alles gesorgt.“

Angehörige oder Pflegepersonal erbitten Sterbebegleitung. Regine Mündelein ist im Seniorenhaus der Alexianer tätig. Es haben sich auch kleine Kontakte zu einem Gesprächskreis ergeben. Einer Frau, die sie begleitet, bringt sie Blumen mit – eine Geste, die beide im Moment eines Lächelns eng verbindet.