Tönisvorst Die Geschäfte sind gut, echte Kneipen fehlen

Das Angebot im St. Töniser Ortskern gefällt. Lediglich einzelne Fachgeschäfte standen auf der Wunschliste der Besucher am WZ-Mobil.

Foto: Kurt Lübke

St. Tönis. Probleme? Nein, eher Problemchen und leise Beschwerden über Dinge, die man vielleicht anders machen könnte. Wie beurteilen Sie das Einkaufs-Ambiente in Tönisvorst? Ist es noch ein Erlebnis, sich hier zu versorgen? Ist das Sortiment breit genug? Mit diesen Fragen konfrontierte die Rollende WZ-Redaktion die Menschen in der St. Töniser Fußgängerzone.

„Ich komme aus Krefeld und habe eine Tüte aus St. Tönis in der Tasche. Das sagt doch wohl alles“, erklärt Gabi Koudsi aus Forstwald. „Hier gibt es immer noch kleine Boutiquen und Läden und Menschen, die die Kunden beraten“, sagt sie. Die Wege im Ortskern seien kurz, Parkplätze ausreichend vorhanden. „Da lässt man das Geld doch gerne in den kleinen Läden“, so Koudsi.

„Wir fahren höchstens zweimal im Jahr ’in die Stadt’“, sagt Matthias Kaninekens und lacht. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich, dass mit „Stadt“ Krefeld gemeint ist. Ansonsten hält sich Kaninekens mit seiner Frau ungefähr einmal die Woche „im Dorf“ auf — also in St. Tönis: „Man kriegt doch alles.“

Meist aus der Begleiter-Perspektive beobachtet Harry Klupsch, St. Töniser Urgestein und Musiker-Legende, das Einkaufserlebnis: „Wenn ich mit meiner Frau unterwegs bin.“ Er vermisst ein wenig, dass die Ladenbesitzer offener mit der Kundschaft umgehen. „So wie in Italien.“ Da seien die Entertain-Qualitäten gefragt.

Seit 18 Jahren lebt Reinhold Saure in St. Tönis. „Ich bin mit der Struktur hier sehr zufrieden“, sagt er. Er finde es sehr erfreulich, dass der Ort seinen Standard halten könne. „Wir haben doch kaum Billigläden hier.“ Er fordert dazu auf, die Geschäfte am Ort zu unterstützen, „selbst wenn es mal etwas teurer sein sollte.“ Er selbst gehe sehr oft mit seiner Frau hier einkaufen. Was für ihn in jedem Fall zu Tönisvorst gehört, auch abseits der Einkaufsfrage, ist das Schwimmbad H2Oh. „Das muss unbedingt bleiben“, fordert er.

Kritischere Töne kommen von jungen Menschen. Jörn Zacharias, nach eigenem Bekunden „St. Töniser und nicht Tönisvorst“, erklärt: „Es ist weniger geworden. Abends werden die Bordsteine hochgeklappt, Kneipen machen früh zu. Da ist man dann schon gezwungen, in Restaurants den letzten Absacker zu nehmen.“

„Ich bin zum vierten Mal hier. Früher habe ich in Willich gewohnt, da war deutlich weniger los als hier“, erklärt Niklas Kreylar, ebenfalls ein junger Mann. Zum Einkauf würde er allerdings nicht kommen. „Ich wohne jetzt in Krefeld, da muss das nicht sein.“

„Es sieht nicht nach vielen Einkaufsmöglichkeiten aus“, sagt Miriam Schmitz aus Lobberich, die mit den beiden jungen Männern unterwegs ist. „Durchgehen und mal gucken“ würde sie aber dennoch.

„Sehr schön“ findet eine ältere Passantin St. Tönis. Sie hat über 40 Jahre in der Nähe von Freiburg gelebt. „Ich bin überrascht, wie gut das Leben hier organisiert ist“, erklärt die Frau, die im Seniorenzentrum lebt. Aber sie übt auch Kritik: „Mit dem Rollator muss man häufig über das Holperpflaster fahren, weil unmittelbar an den Geschäften kein Platz ist. Wenigsten eine Gasse könnte man uns doch freihalten.“

„Grundsätzlich haben wir alles, was wir brauchen“, sagt Heidi Koelen: „Nur eine Buchhandlung fehlt.“

Marianne Thomas hat mehrere Ideen für ihren Ort. Leerstände müssten rasch neu besetzt werden. „Außerdem bräuchten wir noch einen Metzger. Einer an der Hochstraße reicht nicht aus“, sagt Thomas. Auch eine Tchibo-Filiale findet sie wünschenswert: „Da ist immer was los. Das sieht man doch am Tchibo in Kempen.“ Zusätzliche Friseure und Handyläden seien hingegen nicht notwendig.

„Die Geschäfte sind eine Katastrophe. Das Rein und Raus ist furchtbar“, sagt Gerd Rütten. Es müsse mehr Kontinuität in den Ladenlokalen bestehen. Zudem fehle ein ausreichendes Kneipenangebot für einen Frühschoppen.

Grundsätzlich ist Gisela Bismanns zufrieden mit den Einkaufsmöglichkeiten im Ortskern. Allerdings kann sie nicht nachvollziehen, dass die Geschäfte zur Mittagszeit schließen. „Das ist nicht zeitgemäß. Da muss man sich nicht wundern, dass nichts los ist“, sagt die St. Töniserin, die 40 Jahre im Verkauf gearbeitet hat. Häufiger habe sie Händler mit ihrem Anliegen kontaktiert — ohne Erfolg.

„Wenn hier keine Autos und Fahrräder wären, wäre alles gut“, ruft eine andere Hochstraßen-Passantin. Emmi und Paul Jansen schätzen die beschauliche Atmosphäre der Fußgängerzone. „Die Leute sind freundlich, die Geschäfte sind freundlich“, sagt Paul Jansen. „In der Großstadt werden Sie nicht so persönlich bedient wie hier“, betont seine Frau.

„Ich versuche, hier alles einzukaufen. Vieles bekomme ich. Sonst fahre ich halt mal nach Krefeld“, sagt Trudi Repges. Nur die Schließung von Lederwaren Osterath habe eine Lücke gerissen.

„Ich bin zufrieden“, sagt Anette König. Für ihre 85-jährige Mutter sei ein Besuch der Hochstraße kompliziert. Mit dem Rollator komme sie kaum über das Kopfsteinpflaster auf der Straßenmitte. Die ebenen Ränder seien häufig mit den Waren der Händler zugestellt.

„Es ist schön und gemütlich hier. Ich bin lieber hier als auf der Hochstraße bei uns zu Hause“, sagt die Krefelderin Magret Angenvoort.

Ute Stürmer wohnt an der Hochstraße. „Ich habe hier alles, was ich brauche“, sagt die St. Töniserin. Nur eine Belebung des Rathausplatzes mit Restaurants sei notwendig.