Ein gruseliger Abend
Bei den Schlossfestspielen gab es ein Programm, das für Gänsehaut sorgte. „Lieder und Tänze des Todes“ waren angesagt.
Neersen. Es war ein außergewöhnlicher Abend im Rahmen der Schlossfestspiele, nicht zuletzt, weil es ein Abend großer Namen war: Der Bassbariton Alexander Malta, Jahrgang 1942, war auf bedeutenden Bühnen in aller Welt zu bewundern, bevor er jetzt im Neersener Ratssaal auftrat. Die Zuschauer erlebten eine besondere Art der Arbeitsteilung: Astrid Jacob las aus „Lieder und Tänze des Todes“ von Modest Mussorgsky, Malta sang die entsprechenden Lieder, sorgte bei den Besuchern für Gänsehaut — und das lag nicht nur daran, dass der Tod in vielfältiger Gestalt, mal als Verführer, mal als Kriegsheld, die Lieder prägte.
Aber was hat denn Marie-Luise Kaschnitz mit dem Thema des Abends zu tun? Astrid Jacob las ihr Gedicht „Sing das Lied vom Menschenleben“, ein gedankenschweres Liebesgedicht, das auch von dem Schicksal des Unbehaustseins erzählte — und damit gut zu Mussogsky passte. Die Intendantin verriet nämlich, dass er, einer der eigenständigsten Komponisten des 19. Jahrhunderts, nach der Verarmung seiner Eltern ein Leben führen musste, das von Schulden bestimmt war. Er musste als kleiner Schalterbeamter arbeiten, um zu überleben.
In den „Liedern und Tänzen des Todes“, die in dieser Form vor genau 50 Jahren in Gorki uraufgeführt worden waren, macht der Mensch mit dem Tod Bekanntschaft, der in unterschiedlichsten Gestalten auftritt. Ein gruseliges Thema vielleicht, aber auf jeden Fall beeindruckend, nicht zuletzt durch die beteiligten Akteure.
Alexander Malta schien seine Rolle verinnerlicht zu haben, man merkte ihm seinen Bezug zu den Mussorgsky-Kompositionen an. Er wurde am Flügel begleitet von Dmitri Vinnik.
Und da war noch R. A. Güther, zuständig für den komödiantischen Teil des Abends. Er schlüpfte in die Rolle von Anton Tschechow, stellte dessen komödiantisches Frühwerk „Über die Schädlichkeit des Tabaks“ vor. Der Sohn armer Eltern, ein Zeitgenosse Mussorgskys, hatte als Sohn eines „Leibeigenen“ seinen Aufstieg genossen. Er „presste aus sich tropfenweise den Sklaven, bis echtes Menschenblut floss“.
Im alten, abgetragenen Mantel verkörperte Güther einen Mann, der es bewusst am Ernst fehlen ließ und der über alles nachdachte und philosophierte — nur nicht über die Schädlichkeit des Tabaks.