Willich Ein Liebesdrama aus der Vulkaneifel

Ein Ensemble aus Mayen präsentierte Schillers „Kabale und Liebe“ bei den Neersener Schlossfestspielen.

Foto: Friedhelm Reimann

Es gibt die Schlossfestspiele in Neersen und die Burgfestspiele in Mayen. Im Jahre 2003 spielten die beiden Ensembles zum letzten Mal auf der Bühne der jeweils anderen Stadt. Jetzt ließ Intendant Jan Bodinus diese Tradition wieder aufleben. Das fiel ihm so schwer nicht, weil der neue Mayener Intendant Daniel Ris mit ihm in Bochum die Schauspielschule besucht hatte.

Die Gäste brachten am Sonntagabend den Schiller-Klassiker „Kabale und Liebe“ auf die Bühne, im Gegenzug werden die Neersener am 6. August „Der Zerbrochene Krug“ mit Michael Schanze in Mayen zeigen. Es drohte, ein deprimierender Abend zu werden, aber dann kam alles ganz anders: Die düsteren Regenwolken machten wie durch ein Wunder einen Bogen um Neersen.

Und Schillers Stück, geprägt von Intrigen, korrupten Machenschaften und scheinbar unüberwindbaren Standesunterschieden, ist in seinem Ursprung zwar alles andere als eine Komödie. Doch trotz des todernsten Hintergrundes ging es immer wieder sehr heiter zu, was dem Regisseur Rüdiger Pape zu verdanken war. Die Schauspieler brachten durchweg beeindruckende Leistungen.

„Liebe und Kabale“ wurde vor 233 Jahren uraufgeführt und die Sprache sollte der Regisseur weitestgehend unangetastet lassen. Das klang zunächst anstrengend, denn wer will zweieinhalb Stunden lang Sätze wie diesen hören: „Ein seltsamer Gram brütet auf deinem Gesicht.“

Was sofort auffiel, war die an Schlichtheit kaum zu übertreffende Bühnenausstattung. Über der eigentlichen Bühne befand sich eine aus mehreren Teilen bestehende weitere Bühne, auf der die Akteure mehr oder weniger gelenkig agierten und die permanent deutlich machten, dass sich alle beteiligten Personen ganz nah am Abgrund im übertragenen Sinne befanden.

Pape hatte den Akteuren eine Art Corporate Design verpasst — mittels der Farbe Violett. Sie gab den Ton bei der Kleidung an, und selbst Miller, der alte arme Musikus (Stefan Preiss), hatte die Lippen violett geschminkt. Durch den Lila-Look und einen entsprechenden Habitus wirkte vor allem der Hofmarschall von Kalb (Philip Schlomm) unübertrefflich tuntig.

Ein Unsympath: Präsident von Walter (Mario Gremlich), ein widerlicher Strippenzieher und Machtmensch, der verhindern wollte, dass sein Sohn Ferdinand (Birger Frehse) Luise, die Tochter des Musikanten (Hanna Mall), zur Frau nimmt. Luise begeisterte als jugendlich-unschuldige Schönheit, die auf eine harte Probe gestellt werden sollte.

So lasziv wie Heike Trinker wird sich in früheren Jahrhunderten Lady Milford, die von Ferdinand schwärmte, nicht gezeigt haben. Die kesse Rothaarige präsentierte sich äußerst knapp bekleidet und legte auch einen Seelen-Striptease hin.

Wurm (Charles Ripley), der von Luise verschmäht worden war und der für Präsident von Walter arbeitete, dachte sich einen teuflischen Plan von Täuschung und Erpressung aus, der die beiden Liebenden auseinanderbringen sollte.

Der kollektive Selbstmord war der traurige Schlusspunkt des berühmten Trauerspiels — traurig vor allem auch deshalb, weil Luise im Todeskampf gestand, dass sie den Brief, in dem sie von einem anderen schwärmt, unter Zwang geschrieben hatte.