Hannen, Schmitz-Mönk, Stammen-Tillmanns und Borussia-Brauerei Willich besitzt eine große Brautradition
Willich · Das beliebteste alkoholische Getränk ist das Bier. Seit vielen Jahrhunderten wird es gebraut. Auch in Alt-Willich, Anrath, Schiefbahn und Neersen gibt es eine lebendige Brauereigeschichte. Warum kaum eine Brauerei bis heute überlebt hat.
In Deutschland gibt es mehr als 1500 Braustätten, rund 90 Liter Bier genießt jeder Deutsche pro Jahr. Jede Region hat ihre eigenen Biermarken und -sorten. Auch in Willich und den Ortsteilen gibt es eine lange und lebendige Brauereigeschichte.
Bereits im 14. Jahrhundert soll hier Bier gebraut worden sein, ehe 1725 die Familie Hausmann Alt-Willichs erste offizielle Brauerei gründete. Die Notzeiten des Ersten Weltkrieges und die Rationierung der Rohstoffe führte dann 1917 dazu, dass sich die Willicher Brauereifamilien zusammentaten. Aus „Hausmann-Brauerei“, „Exportbrauerei J. Schmitz“ und „Germania-Brauerei Dicker Söhne“ wurde die „Vereinigte Willicher Brauereien GmbH“. Die Braustätten von Schmitz (Markt) und Dicker (Grabenstraße) wurden stillgelegt, Gerätschaften und Materialien in den Hausmann’schen Betrieb an der Brauereistraße integriert.
Die Brauerei Schmitz war aus einem Gasthof mit Brauhaus, der um 1739 am Willicher Markt unter dem Namen Schmitzhaus betrieben wurde, entstanden. Der rückwärtig am Willicher Markt gelegene Gasthof verfügte auch über ein Back- und Brauhaus sowie einen Pferdestall für Durchreisende. Erst im 19. Jahrhundert waren die Brauerei Dicker sowie eine Branntweinbrennerei gegründet worden, deren Sudhaus heute noch im Kreuzungsbereich Grabenstraße/Peterstraße existiert und als Bürogebäude dient. Im Jahr nach dem Zusammenschluss entwarf Heinrich Dicker 1918 jenes eindrucksvolle Symbol, das noch heute Markenzeichen für Biere aus der Hannen-Brauerei ist: die geschlossene Faust im Dreieck.
Im Jahr 1928 wurde die
Flaschenabfüllung eingeführt
Bereits drei Jahre später fusionierte die Willicher Großbrauerei mit der Korschenbroicher Hannen-Brauerei. Das Unternehmen trug fortan den komplizierten Namen „Vereinigte Willicher Brauereien und Hannen Korschenbroich GmbH“. Erst 1956 wurde der Zugenbrecher zugunsten des Namens „Hannen-Brauerei“ aufgegeben. Das Unternehmen mit Sitz in Willich setzte entgegen dem Trend auf niederrheinische Braukunst und obergäriges Altbier und wurde in den folgenden Jahrzehnten zur größten Altbier-Brauerei Deutschlands. Das Bier aus Willich wurde nicht mehr nur in der Region, sondern bundesweit vertrieben. Ein wichtiger Schritt dafür war die 1928 eingeführte Flaschenabfüllung. Die enorme Entwicklung führte aber auch dazu, dass die Braustätten in Willich und Korschenbroich nicht mehr den Bedarf decken konnten. Die Gemeinde Willich kämpfte um den Erhalt des Standortes, konnte aber kein größeres günstiges Gelände finden. So entschied man sich 1964, die Braustätten Korschenbroich und Willich nach Mönchengladbach-Neuwerk zu verlegen.
1975 war die neue Braustätte in Neuwerk gebaut, die Produktion in Korschenbroich und Willich wurde stillgelegt. Doch Ende der Siebziger verlor Hannen Marktanteile, und die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich. 1984 bis 1986 wurden große Teile der Brauerei-Gebäude in Willich abgerissen. 1988 übernahm die dänische Carlsberg-Gruppe die Hannen-Brauerei. 1999 kaufte man die Marktrechte am ehemaligen Düsseldorfer Gatzweiler Alt. 2003 wurde die Neuwerker Braustätte schließlich an die Oettinger Brauerei verkauft. Hannen Alt wurde fortan von Oettinger für einige Jahre weiter gebraut und fremdabgefüllt, später von der Brauerei Königshof in Krefeld. Seit 2005 ist die Hannen-Brauerei Teil der „Carlsberg Deutschland GmbH“. 2022 gingen die Altbiermarken an die Bolten-Brauerei über, die sie weiter produziert.
Das ehemalige Stammhaus der Brauerei in Korschenbroich steht unter Denkmalschutz, ist in privater Hand. In den früheren Gebäuden der Willicher Brauerei sind Supermarkt und Ladenpassage ansässig.
Auch in Anrath wird seit dem späten Mittelalter gebraut. Anfang des 20. Jahrhunderts waren noch zwei Brauereien übrig geblieben. Nachdem Heinrich Buscher 1923 an der Schottelstraße den Braubetrieb einstellte, verblieb nur noch die Hausbrauerei Schmitz-Mönk. 1897 hatte der vom Stautenhof stammende Wilhelm Schmitz die Gaststätte „Zum Löwen“ an der Jakob-Krebs-Straße übernommen und braute seit 1903 sein eigenes Bier. Der Beiname „Mönk“ resultierte aus seinem hinkenden Gang, der jenem eines Steuereintreibers namens Mönk ähnelte. Von Wilhelm ging die Leitung auf seinen Sohn Willi über. Seit Ende des 20. Jahrhunderts ist Schmitz-Mönk die letzte Hausbrauerei im Kreis Viersen. Die Produktpalette umfasst neben Alt auch Weizen, dazu im Mai und Herbst Starkbier.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Preise für Körnerfrüchte stark fielen, besann man sich in der Gemeinde Schiefbahn wieder auf den Hopfenanbau, der ihr in früheren Zeiten Wohlstand gebracht hatte. Das Bruchgebiet schien besonders geeignet. Diese Renaissance machte Schiefbahn im Rheinland berühmt. 1864 gründete Bürgermeister Wilhelm Speckmann einen Hopfenbauverein. Von 1865 bis 1872 konnten jährlich etwa 40 000 Pfund Hopfen geerntet werden. Das Braugewerbe entwickelte sich. So gab es 1849 im Ort zwölf kleinere Bierbrauereien. Als die Hopfenpreise ab 1872 sanken, ging jedoch auch der Anbau in Schiefbahn zurück und wurde nach und nach eingestellt, genauso wie der Betrieb in den Brauereien.
Die Ausnahme bildete Stammen-Tillmanns an der Hochstraße. In einer Urkunde von 1633 wird das Schiefbahner Brauhaus erstmals genannt. Das „Alte Brauhaus“ war zu allen Zeiten die gute Stube Schiefbahns; in den großen Wirtschaftsräumen spielte sich ein Großteil des öffentlichen Lebens ab. Viele Vereine nutzten es als Vereinslokal. Die Knappheit der Rohstoffe während des ersten Weltkriegs zwang die Familie Tillmanns, die Nachkommen der Familie Stammen, den Braubetrieb im Jahr 1918 einzustellen. Bis zu diesem Zeitpunkt bezogen etwa 35 Gaststätten aus Schiefbahn und Umgebung das Bier. Bis zum Jahre 1961 bewirtschaftete die Familie Stammen-Tillmanns die Gaststätte, danach wurde sie verpachtet, 1989 wurde das Lokal geschlossen.
In Neersen gründete 1877 die Familie Hinrichs gegenüber der Katholischen Pfarrkirche die „Borussia Brauerei Neersen“. Sie reichte rückwärtig bis an die Neustraße, es gab auch eine Schankwirtschaft mit Tanzsaal. Die Neersener Herrlichkeit hielt nicht lange an. Schon kurz vor dem Ersten Weltkrieg geriet das Unternehmen in finanzielle Probleme und wurde an die Willicher Brauerei Hausmann verkauft. Das Inventar übernahmen die Brüder und führten die Markte noch ein paar Jahre weiter. Von der Brauerei selbst ist nichts übrig geblieben, Lagerhallen und Pferdeställe verfielen. Die Gebäude an der Hauptstaße wurden 1936 zur Verbreiterung der Malteserstaße abgerissen.