Kapelle Klein-Jerusalem Drei Religionen – ein Friedensgebet
Neersen · Christen, Juden und Muslime beten in der Kapelle Klein-Jerusalem. Der Deutsch-Lettische Freundeskreis setzt ein Zeichen.
Wolfgang Brock ist ein Mensch, der in vielerlei Hinsicht auf direkte Gespräche und Begegnungen setzt(e): als Lehrer beispielsweise. Als Chorleiter. Als Vorsitzender des Deutsch-Lettischen Freundeskreises. Aus diesem Kreis heraus nimmt er nun eine weitere Gastgeberrolle an. Er lädt für Donnerstag, 21. November, 19 Uhr, zu einer Begegnung im Gebet ein: Zu einem Friedensgebet von Juden, Christen und Muslimen in die Kapelle Klein-Jerusalem in Neersen. „Meines Erachtens das erste“, sagt Brock.
Von der Begegnung soll ein kraftvolles Zeichen, wie Brock sagt, „ein klares Bekenntnis zu Respekt und Toleranz“ ausgehen. „Wir haben als deutsch-lettischer Verein viele Kontakte zu muslimischen Mitbürgern. Wir haben uns in der Flüchtlingskrise sehr engagiert. Daraus sind Freundschaften entstanden“, sagt Brock. Man treffe sich regelmäßig, tausche sich aus, lerne voneinander: „Wir haben in unserem Vereinshaus Kudl schon das Fastenbrechen gemeinsam gefeiert. Oder Weihnachtsplätzchen miteinander gebacken.“
Riten, Bräuche, Rituale – Brock, der Theologie studiert hat, hat noch einmal erfahren, „in wie vielen Bereichen sich Religionen ähnlich sind“. Mit Zatin Cengis, der seit mehr als 30 Jahren in Deutschland lebt, hat er gemeinsam die Idee umgesetzt, die Juden in den Austausch einzubeziehen. Brock: „Vor einem halben Jahr haben wir mit der jüdischen Gemeinde in Krefeld Kontakt aufgenommen. Dort hat man sehr aufgeschlossen reagiert.“
Die Idee zum Friedensgebet kam Brock also nicht erst nach dem Anschlag von Halle an der Saale am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur im vergangenen Oktober. An jenem Tag hatte ein schwer bewaffneter Mann versucht, die Tür der Synagoge im Paulusviertel zu zerschießen. Er hatte Sprengsätze vor der Tür deponiert. Mindestens 70 Menschen hielten sich zu dem Zeitpunkt in der Synagoge auf. Sie bleiben unverletzt. Zwei Menschen erschoss der mutmaßliche Täter aber auf seinem weiteren Weg in der Stadt, ehe er festgenommen werden konnte.
Ein Rabbiner aus Krefeld oder Düsseldorf kommt dazu
Seit einiger Zeit beschäftigt und besorgt Wolfgang Brock die allgemeine Nachrichtenlage. Jetzt setzt er ein Zeichen: „Wir wollen Juden, Christen und Muslime zusammenführen.“ Brock ist auch einer der Mitbegründer der Interessens-Gemeinschaft Kapelle Klein-Jerusalem. Das sei der geeignete Ort für die Zusammenkunft. Der katholische Pfarrer Markus Poltermann aus dem Pastoralteam der GdG Willich wird an dem Abend als Vertreter der Christen sprechen. Ein Rabbiner der Krefelder oder der Düsseldorfer jüdischen Gemeinde kommt nach Neersen. Und stellvertretend für die Muslime erwartet Wolfgang Brock „den Imam und Islam-Theologen Osman Kansu vom Verband engagierte Zivilgesellschaft in NRW“.
„Wir haben überlegt, welches Gebet wir gemeinsam sprechen können“, sagt Brock. Er stellte das „Vaterunser“ in den Raum. Darauf habe man sich geeinigt. Das Vaterunser ist das im Christentum am weitesten verbreitete Gebet. Die erste Sure im Koran weist Gemeinsamkeiten auf. Berührungspunkte und Parallelen gibt es zu dem älteren Kaddischgebet der Synagogen.
150 Besucher würden die Kapelle Klein-Jerusalem füllen. Kämen deutlich mehr, könnte man das einstündige Friedensgebet über Lautsprecher auch nach draußen übertragen, sagt Brock. Anschließend lade man alle Interessierten zum Austausch ins Kudl, Hauptstraße 81, in Neersen ein.
Termin des Gebets deckt sich mit der Willicher Ratssitzung
Plakate sind gedruckt und verteilt, Einladungen an alle Ratsmitglieder verschickt. Die, sagt Brock, müsse er wie den Bürgermeister allerdings gleich in Schutz nehmen: „Sie werden nicht kommen können, weil gleichzeitig Ratssitzung ist.“ Diesen Termin hatte Brock in der Abstimmung nicht abgeglichen. Gleichwohl habe es bereits quer durch die Bank von Parteivertretern schon „viel Zustimmung“ auf das angekündigte Friedensgebet erhalten.
Gebetet wird in der Kapelle in Neersen auch das Gebet der Vereinten Nationen. Ein Auszug daraus: „Unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. Unsere Aufgabe ist es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnloser Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns den Mut und die Voraussicht, schon heute mit diesem Werk zu beginnen, auf dass unsere Kinder und Kindeskinder einst mit Stolz den Namen „Mensch“ tragen.“
Eine Anmeldung zum Friedensgebet und dem anschließenden Treffen muss nicht erfolgen. Brock hofft auf ein volles Haus. Die Veranstaltung wird durch die Polizei gesichert. Auch diese Gespräche bleiben in der Vorbereitung des Friedensgebetes nicht aus.