Lese-Tipp der Stadtbücherei Tönisvorst Einblicke in die tägliche Überforderung eines Vaters
Tönisvorst · Carmen Alonso ist die Leiterin der Tönisvorster Stadtbücherei an der Hochstraße in St. Tönis. In loser Folge gibt sie unseren Lesern Literaturtipps. Diesmal: „Maksym“ von Dirk Stermann, erschienen im Rowohlt-Verlag.
(Red) Carmen Alonso ist die Leiterin der Tönisvorster Stadtbücherei an der Hochstraße in St. Tönis. In loser Folge gibt sie unseren Lesern Literaturtipps. Diesmal: „Maksym“ von Dirk Stermann, erschienen im Rowohlt-Verlag.
Alles scheint gut eingespielt in der Beziehung von Nina und Dirk: Er, erfolgreicher Autor, Comedian, Fernsehstar, ist die meiste Zeit des Jahres auf Tour oder eilt von Sendung zu Sendung; sie, um einiges jünger und ebenfalls im Kulturbereich tätig, bleibt zu Hause bei dem gemeinsamen Sohn Hermann und erwischt höchstens ab und zu einen Museumsjob.
Doch abgemacht war bei der Kindsgeburt vor vier Jahren etwas anderes, und genau das fordert Nina jetzt ein: Sie hat ein tolles Jobangebot in New York, welches sie wahrnehmen will, nun soll eben der Vater während dieser Monate verantwortlich sein für die Umsorgung des gemeinsamen Nachwuchses. Ein Babysitter muss her!
Maxim erweist sich als
Dirks Helfer in der Not
Es beginnt die Suche nach einer Person, der man das Kind anvertrauen kann, aber niemand unter den 41 Kandidatinnen scheint wirklich geeignet: zu schmoll-lippig und blond, zu jung und unerfahren, zu Fräulein Rottenmeierhaft.
Warum nicht den einzigen verbleibenden, männlichen Kandidaten ausprobieren, die Zeit bis zu Ninas Abreise naht schließlich, und Dirk kann seine langvereinbarten Auftritte nicht so kurzfristig absagen. Auftritt Maksym: stämmig, kahlköpfig, tätowiert.
Nina ist beruhigt, Klein-Hermann ist begeistert, nur Dirk maximal eifersüchtig; so schenkt Maxim etwa Hermann sein erstes Kinder-Fahrrad (Einfach Sperrmüll, neu lackiert, fertig!) und bringt ihm auch das Fahren bei, etwas, was eigentlich Schlaffi-Dirk seinem Sohn schon seit Monaten versprochen hat. Nicht ohne Grund haben Frau und Sohn dem meist abwesenden Vater wohl den nicht gerade nett gemeinten Spitznamen „Banksy“ gegeben, wie jener berühmte Streetart-Künstler, der seine Identität nicht preisgeben will.
Zudem scheint der beginnende Amerikaaufenthalt seiner Freundin sich nicht unbedingt als bereichernde Erfahrung für das Paar zu entwickeln. Als Dirks Leben langsam völlig aus den Fugen zu geraten beginnt und er fast in Rotwein und Selbstmitleid ertrinkt, erweist sich der mit allen Wassern gewaschene Maxim – zugleich liebevoller Freund für Hermann, aber ebenso resolut auftretend, wenn nötig – als Helfer in der Not. Dieser Roman über die tägliche Überforderung eines Vaters bei der Erziehung seines Sohnes ist einerseits voller Witz und Wortspielereien, andererseits auch bittersüß-sentimental. Genau passend in die graue trübe Winterzeit!