Rathaus-Show mit WoBo
Für den Gaumen gab’s Pralinen, für die Parteiseele Kerniges von Wolfgang Bosbach: Die CDU hatte zum Neujahrsempfang eingeladen.
St. Tönis. Der Mann macht jeden Saal zu seinem Wohnzimmer. Warum der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach, Vorsitzender des Innenausschusses, ein gebuchter Talkshow-Durchreisender ist, wissen Tönisvorsts Christdemokraten nun aus eigener Anhörung. Die Idee, auf dem Neujahrsempfang keine langen Reden zu halten, sondern den kernigen Typ in eine Talkrunde einzubinden, war für den Mann aus Berlin maßgeschneidert. Er ist Profi in der Politik und zugleich der Jung’ von nebenan. Bosbachs Auftritt im Rathaus war eine One-Man-Show — WoBo live.
Fast hätte man darüber den Anlass des Beisammenseins vergessen können: Jörg Geulmann, Parteivorsitzender der CDU in Tönisvorst, schüttelte viele Hände. Unter den Gästen waren die Landtagsabgeordneten Christian Weisbrich und Stefan Berger, Landrätin Luise Fruhen, Bürgermeister Thomas Goßen und sein Vorgänger Albert Schwarz, die Verwaltungsspitze, Vertreter anderer Parteien, von kulturellen und sozialen Einrichtungen und Vereinen.
Geulmann hob die Leistungen der Ehrenamtler in der Stadt hervor: „Sie opfern ihre Freizeit — unentgeltlich und uneigennützig.“ Die nächste Ehrung des Abends nahm Karnevalsprinzessin Sarah I. vor: Mit dreifachem Klappertüüt hängte sie ihren Orden auch Bosbach um, der — so dekoriert — anschließend im Interview mit Moderator Hubertus Zilkens und Thomas Goßen den Markenkern der CDU herausschälen sollte. Er tat es als Global Player, redete über die heutige Medienlandschaft, in der Berufspolitiker rund um die Uhr unter Beobachtung stünden. Die nähmen deshalb immer öfter die Einerseits-andererseits-Haltung ein. „Alles ist glatter geworden. Kernige Typen werden seltener.“
Bosbach forderte Bodenständigkeit, Verlässlichkeit und Fleiß ein. „Wir dürfen Politik nicht nach Umfrageergebnissen machen.“ Politiker müssten auch unpopuläre Entscheidungen vertreten, sagte er, um sofort zu betonen: „Das bedeutet aber nicht, dass die das nächste Mal auch gewählt werden.“
Der Markenkern der CDU ist für ihn „das Eintreten für das Leben von der ersten bis zu letzten Sekunde“. Es folgten Statements zur Linkspartei („Man darf sie politisch nicht hoffähig machen“), zur Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU („das wäre eine kapitaler Fehler“) oder zur Schullandschaft („Keine Einheitsschule“ und „Wir müssen kleinere Klassen bilden.“) Wofür die CDU Tönisvorst steht, wie sie die Stadt „noch attraktiver“ gestalten will, wird die Parteibasis in zwei Wochen von ihrem Chef hören. Geulmann: „Das spare ich mir für die Mitgliederversammlung im Paul-Schneider-Haus in Vorst auf.“ Die wird auch nicht ohne Prominenz von außerhalb ablaufen: Lutz Lienenkämper, Landtagsabgeordneter und Staatsminister a.D., ist angekündigt.