Vielfältige Aktivitäten in Willich SPD verabschiedet Bernd-Dieter Röhrscheid

Willich · Es war eine Feier, die den Respekt vor einer Lebensleistung widerspiegelte: Nach 40 Jahren Kommunalpolitik hat die Willicher SPD am Samstag Bernd-Dieter Röhrscheid aus der aktiven Kommunalpolitik verabschiedet.

Verabschiedet wurde der langjährige Franktionsvorsitzende der SPD Willich, Bernd-Dieter Röhrscheid (vorne), neben ihm seine Gattin Christa.

Foto: Norbert Prümen

Dieses Streiflicht ist vielleicht bezeichnend für das Wesen des Gefeierten: Zwei frühere Schüler waren zur Verabschiedung von Bernd-Dieter Röhrscheid aus der Kommunalpolitik ins Gründerzentrum gekommen: Lukas Maaßen (Partei- und Fraktionsvorsitzender der SPD Willich) und Bürgermeister Christian Pakusch (CDU). Die Feier der SPD für Bernd-Dieter Röhrscheid war die Würdigung eines überzeugten Sozialdemokraten: Er habe die SPD-Werte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität „repräsentiert wie kein anderer“, so Maaßen. Laudator Lukas Siebenkotten (früherer SPD-Bürgermeister) erinnerte an Röhrscheids Verdienste – Kita-Ausbau, Betreuung unter-dreijähriger Kinder, Einsatz zur Gründung der ersten Gesamtschule… Röhrscheid sei „mit seiner liebenswürdigen Beharrlichkeit ein Vorbild“, so Siebenkotten. Er werde es ihm „nie vergessen“, dass er 1995 seine eigenen Ambitionen auf die Position des Bürgermeisters aufgegeben und die Wahl Siebenkottens unterstützt habe. Die Mezzosopranistin Radmila Boochs begleitete die Feier, unter anderem mit dem Lied „Hevenu Shalom Alechem“.

Bernd-Dieter Röhrscheid wurde 1946 im damals schwer kriegsbeschädigten Kassel geboren. Die Familie zog später nach Erkelenz und dann nach Schiefbahn, weil der Vater an der FH Niederrhein studierte. Der Sohn besuchte die Volksschule, begann 1964 eine Ausbildung und erwarb nach der Bundeswehr ab Februar 1969 auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur. Ab 1971 studierte Röhrscheid an der Uni Bochum Politik, Sozialwissenschaften und Sport auf Lehramt. 1977 kam er als Referendar an das St. Bernhard Gymnasium, wo er bis 2013 unterrichtete. Er ist mit Christa Röhrscheid verheiratet, das Paar hat drei Kinder und fünf Enkel (Enkel Linus verstarb früh).

Seine politische Prägung erfolgte über die Familie und besonders den Großvater, der als Sozialdemokrat von den Nazis verfolgt wurde. „Wir waren ein sozialdemokratischer Haushalt“, so Röhrscheid. Er trat 1970 in die SPD ein, um Willy Brandt zu unterstützen. Erst in den 1980er Jahren begann sein kommunalpolitisches Engagement in Willich. Er wurde 1984 in den Rat gewählt, war Partei- und Fraktionsvorsitzender sowie Vorsitzender im Sport- und im Jugendhilfeausschuss. Sein Teilrückzug aus der Politik begann bei der Kommunalwahl 2020: Seither ist er „nur“ noch sachkundiger Bürger im Ausschuss für Kultur und Brauchtum. Als seine wichtigen Erfolge bezeichnet Röhrscheid unter anderem die Gründung des Jugendamtes und der Grundstücksgesellschaft Willich sowie die Wahl von Lukas Siebenkotten zum SPD-Bürgermeister in Willich. Auch die Fusion der Sparkassen Willich und Krefeld 1990 zu einem Zweckverband war ein Erfolg, so Röhrscheid.

Der Verein „StaR“ sammelte schon 1,5 Millionen Euro Spenden

Ebenso wichtig war es ihm, als Fraktionsvorsitzender in Gesprächen mit dem langjährigen CDU-Fraktionsvorsitzenden Ralf-Hasso Sagner die so genannten „Willicher Verhältnisse“ (ein erbitterter Streit zwischen CDU und SPD um 1980) zu beenden.

Neben der Politik war Röhrscheid vielfältig aktiv. Ein wichtiges Anliegen ist ihm der Verein „StaR“: Sein Enkel Linus erkrankte als Vierjähriger an Leukämie, er verstarb vier Jahre später. In diesem Zusammenhang gründete Röhrscheid 2007 den Verein, um Spenden für Typisierungsaktionen der Düsseldorfer Knochenmarkspenderdatei zu sammeln. „Wir waren so hilflos der Sache gegenüber“, erinnert sich Röhrscheid – der sich freut, dass bisher schon mehr als 1,5 Millionen Euro an Spenden gesammelt werden konnten.

Weiteres wichtiges Projekt ist die Erinnerung an die ermordeten und vertriebenen jüdischen Mitbürger Willichs – in Zusammenarbeit mit Stadtarchivar Udo Holzenthal. Es begann 1988, als sich seine Schülerinnen und Schüler am NRW-Wettbewerb „Verschüttete Spuren“ beteiligten und weltweit Nachfahren der Willicher Deportierten und Vertriebenen anschrieben. Daraus entstand eine Ausstellung im Gymnasium. „Ich fand das außergewöhnlich, dass junge Leute in der Geschichte gruben, die 50 Jahre her war“, meint Röhrscheid. Die „Willicher Erinnerungskultur“ entwickelte sich – etwa 2011/2012 mit dem Beginn des Projektes der „Stolpersteine-Gegen das Vergessen“ von Gunter Demnig. Aktuell bereitet Röhrscheid mit Schülerinnen und Schülern die Erkundung der Schicksale von Euthanasie-Opfern vor. Auch an sie soll in Willich erinnert werden. 2025, zum Ende der Wahlperiode, will Röhrscheid seine kommunalpolitische Tätigkeit als sachkundiger Bürger endgültig beenden. Zum Ende des offiziellen Teils überreichte Maaßen Röhrscheid die „Gedenkmedaille Willy Brandt“, die höchste Auszeichnung der SDP für eines ihrer Mitglieder. Die Urkunde ist neben anderen unterzeichnet von Bundeskanzler Olaf Scholz.