Auftritt in St. Tönis Doc Esser: Superfood ist gar nicht super

St. Tönis · Der aus Funk und Fernsehen bekannte Arzt Heinz-Wilhelm Esser war in St. Tönis zu Gast, gab Gesundheitstipps und räumte mit Ernährungsmythen auf. Eine Erkenntnis: Frühstück ist nicht die wichtigste Mahlzeit des Tages.

Doc Esser räumte im Forum Corneliusfeld in St. Tönis mit Ernährungsmythen auf.

Foto: Norbert Prümen

Gut gelaunt betrat Heinz-Wilhelm Esser die Bühne im Forum Corneliusfeld – einen appetitlichen Apfel in seiner Hand jonglierend. Von wegen „One apple a day keeps the doctor away“: Dieser Doktor war trotz aller Äpfel in die Apfelstadt gekommen. Der Lungenfacharzt, Kardiologe und medizinische Allrounder Heinz-Wilhelm Esser ist vielen Menschen eher als Doc Esser aus dem Fernsehen oder dem Rundfunk bekannt. Der Förderverein der Stadtbibliothek Tönisvorst hatte den beliebten Wissenschaftler eingeladen.

Doc Esser referierte auf unterhaltsame Weise über eine Stunde lang zu Fragen der Gesundheit im Allgemeinen und beantwortete anschließend die speziellen Fragen der etwa 250 Gäste im Forum Corneliusfeld. Ein ausverkauftes Haus: Das zeigt nicht nur die Beliebtheit des Arztes, sondern auch das Interesse an der Aufklärung über echte Fakten und offenbar nicht aus der Welt zu schaffende Mythen aus dem Gesundheitssektor und Tipps für ein gesundes Leben.

Immer wieder richtete Esser seine Fragen an das Publikum, griff die Antworten auf und zweifelte amüsiert an den Ergebnissen mancher „Kurzumfragen“ beispielsweise zur Dauer der regelmäßigen Bewegung der Tönisvorster oder ihrem Weinkonsum: Demnach saßen nur sportliche und gesunde Menschen im Publikum.

In seiner Praxis, so erzählte Esser, begegneten ihm zwei Gruppen von Patienten: Die „Destroyer“ und die „Selbstkasteier“. Die ersten seien die, die mit 35 Jahren an Bluthochdruck, Diabetes und Gicht erkrankten. „Die sind durch“, sagte Esser. Jahrelange schlechte Ernährung und wenig Bewegung hätten zu ihrem Zustand geführt. Die anderen, das seien die dünnen, schlecht Gelaunten, die ihren Körper stets beobachten. Zwei Extreme, die Esser zu der Kernfrage führte, was denn zum gesunden Leben beitrage. Es sind drei Punkte: Bewegung, Ernährung und das Denken, denn „Gesundheit beginnt im Kopf“.

Bewegung

300 Minuten pro Woche Ausdauertraining sind notwendig. Bewegung verlängert das Leben, senkt den Bluthochdruck, hilft gegen demenzielle Erkrankungen sowie gegen Depression.

Ernährung

Sicher, Gemüse und gute Kohlehydrate sind gut. Aber wichtig ist auch, nichts zu essen. Man sollte Fastentage einlegen oder einfach mal über 12 Stunden (die Frauen) oder über 16 Stunden (die Männer) eine Nahrungspause einlegen. Die Zellen kommen dann zur Ruhe und starten neu.

Der Kopf

Das Zauberwort lautet Resilienz. Diese Kraft, stressige Lebenssituation zu durchstehen, kann man lernen, sagt Esser. Der resiliente Mensch ist optimistisch, sieht sich nicht als Opfer.

Die Mythen:

„Mit Sport nimmt man ab“

Von wegen. Esser verstieg sich sogar zu der Behauptung: „Sport macht dick.“ Das hat damit zu tun, dass sich der Stoffwechsel verlangsamt. Mit Sport kann man nicht abnehmen, sondern die Gewichtsreduktion unterstützen.

Fett macht fett

Nein, sagt Esser. Fett macht nicht fett. Fettreduzierte Nahrungsmittel enthalten mehr Zucker und Geschmacksverstärker. Was dick macht, sind die leeren Kohlenhydrate, wie sie in Süßigkeiten oder Fastfood stecken.

Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit am Tag

„Eine Erfindung von Kellog’s“, so Esser, die die Firma mit einer falschen Studie belegte.

Superfood ist super

„Da steckt extrem gutes Marketing hinter“, weiß Esser. Ganz im Gegenteil: Chiasamen, Spirulina, Gojibeeren enthalten, aus fernen Ländern kommend, jede Menge von in Deutschland verbotenen Pestiziden, Transportwege zu einem riesigen CO2-Fußabdruck, sie haben möglicherweise eine fatale Wechselwirkung mit anderen Medikamenten (Gojibeeren verstärken die Wirkung des Blutverdünners Marcumar) und lassen sich ganz einfach durch Leinsamen, Heidel- oder Blaubeeren ersetzen.

Nahrungsergänzungsmittel ergänzen die Nahrung

„Der gesunde Mensch braucht bei einer ausgewogenen Ernährung kein Nahrungsergänzungsmittel“, so Esser. Wer Verwertungsprobleme hat oder schwanger ist, könnte davon Gebrauch machen. Aber nur in Absprache mit dem Hausarzt. „Perfide ist: Die Nahrungsergänzungsmittel sind aufgemacht wie Medikamente.“ Sie durchlaufen aber nicht das gleiche Qualitätsmanagement und sind überdosiert.

Kaffee ist ungesund

Stimmt nicht. Kaffee darf in die Bilanz der aufgenommenen Flüssigkeiten hineingenommen werden. Schwarzer Kaffee unterstützt beispielsweise die Leber bei der Regeneration.

Eine einfache Gesundheitsregel gab Esser den Zuhörern mit auf den Weg: Lachen! Dabei gelangt Sauerstoff in den Körper, Glückshormone werden ausgeschüttet.