Strompreise: „Wir sind konkurrenzfähig“
Stadtwerke-Chef: Albrecht Mensenkamp verteidigt sein Unternehmen gegen kritische Bürger.
St. Tönis. Nein, zufrieden waren sie nicht. Die meisten der 20 Bürger, die in das Fraktionszimmer der FDP im St.Töniser Rathaus gekommen waren, um von Albrecht Mensenkamp zu erfahren, warum in Tönisvorst die Strompreise so hoch sind. "Das trifft nur auf unsere Pflichttarife zu!", versucht der Stadtwerkechef zu beschwichtigen. Dieser Tarif werde vom Ministerium nach bestimmten Modalitäten berechnet und sei von seinem Unternehmen nicht zu beeinflussen. Wie das funktioniert, konnte er jedoch nicht sagen - und löste Empörung aus: "Das gibt es doch nicht, dass Sie das nicht wissen", ereiferte sich eine Besucherin.
"Schon bei den Evivo-Tarifen sind wir konkurrenzfähig", schob Mensenkamp nach. Jedem Bürger stehe es frei, in diesen Wahltarif zu wechseln. Ein Anruf bei den Stadtwerken genüge. Der Berater am Telefon suche dann den günstigsten Tarif heraus. Als Beweis seiner Konkurrenzfähigkeit diente Mensenkamp im Übrigen die Tatsache, dass 95Prozent der Tönisvorster ihren Strom bei den Stadtwerken beziehen.
Beim Wahltarif bleiben den Stadtwerken laut Mensenkamp nur vier Prozent der Einnahmen für Vertrieb und Gewinn. 16 Prozent gingen für Ökosteuer und Abgaben für erneuerbare Energien drauf. 30 Prozent fallen für Nutzungsentgelte für Netze an, 27 Prozent auf den Einkaufspreis für Strom.
"Und wenn die Düsseldorfer selbst Strom erzeugen, aus alten, abgeschriebenen Steinkohlekraftwerken, dann können die natürlich günstiger sein", argumentiert er. Ein eigenes Kraftwerk lohne sich für Tönisvorst nicht.
Mensenkamp versuchte, die komplizierten Marktmechanismen zu erklären. So sei Strom, der den ganzen Tag über in konstanter Menge abgenommen werde, günstiger zu bekommen als der in Spitzenabnahmezeiten. Abhängig sei der Preis auch vom Zeitpunkt. "Man kann bis zu vier Jahre im Voraus kaufen."
Anhand einer Grafik mit der Entwicklung der Preise ab 2005 machte der Stadtwerke-Chef klar, dass man viel Geld hätte sparen können, wenn man die Entwicklung voraus gesehen hätte. Denn der Preis ist von 35 auf 60 Euro pro Megawattstunde gestiegen. "Wer ein bisschen zockt und das Risiko in Kauf nimmt, kann billiger anbieten." Ein Geschäftsgebaren, dass die Zuhörer von ihren Stadtwerken nicht verlangten.
Privathaushalte, die billig Strom beziehen wollten, müssten heutzutage alle paar Monate wechseln. Und die "Billiganbieter", die ihm früher Kopfschmerzen bereitet hätten, seien inzwischen teurer als die Stadtwerke. "Seit die ein bestimmtes Kontingent an Kunden haben ..."
Eigentümer Die Stadtwerke Tönisvorst gehören zu den Niederrheinwerken in Viersen. Diese gehören jeweils zur Hälfte der Stadt Viersen und der NVV. Letztere wiederum ist eine 50-prozentige RWE-Tochter.
Preise Die Strompreise der Stadtwerke sind beim Pflichttarif teurer als anderswo. Dieser Pflichttarif wird laut Albrecht Mensenkamp vom Ministerium berechnet. Die "Evivo-Wahltarife" seien konkurrenzfähig. Telefonisch lasse sich klären, welcher Tarif für den jeweiligen Abnehmer der günstigste sei.
Abnahme Die Stadtwerke nehmen jährlich 90 Millionen Megawattstunden Strom ab. Damit gehören sie zu kleinen Abnehmern. Auch bei einer Abnahmemenge von 190 Millionen Megawattstunden lassen sich keine günstigeren Einkaufpreise erzielen.
Kraftwerk Die Stadtwerke verfügen über ein kleines Blockheizkraftwerk neben dem Schwimmbad. Es deckt lediglich 1,5 bis zwei Prozent des Strombedarfs ab.