Soziales Hilfe für die Bedürftigen organisieren
Tönisvorst · Die Tönisvorster Hilfe verzeichnet einen Mangel an Obst und Gemüse. Der Krefelder Obsthof Benrad will die Tafel dahingehend unterstützen.
Seit zwei Wochen hält der Krieg in der Ukraine die Menschen in Atem. Im Schatten dieser Ereignisse stehen allerdings die Menschen, die auch in Deutschland unter Not und Verzweiflung leiden und um die sich Ehrenamtliche wie die „Tönisvorster Hilfe“ aktiv kümmert.
Einer dieser Ehrenamtlichen ist der 39 Jahre alte Ahmed Hassan, der gebürtig aus Somalia stammt und Ende der 80er Jahre nach Deutschland kam, als durch Hungersnöte und Bürgerkrieg mehr als eine Million Menschen in seinem Heimatland starben. „Ich habe Angehörige durch Hunger und Krieg verloren, dadurch Vieles erfahren und bin damit groß geworden. Ich kam als Fünfjähriger nach Deutschland, wurde herzlich und warm aufgenommen.“ So möchte der gelernte Einzelhandelskaufmann, der jetzt als Unternehmensberater tätig ist, „in meinem Alter etwas zurückgeben.“
Dementsprechend sind er und seine Frau in der Freizeit seit zweieinhalb Jahren bei der Tönisvorster Hilfe aktiv. Früher seien es mehr Flüchtlinge gewesen, heute habe sich das Ganze gedreht, ist seine Beobachtung. „Jetzt sind es mehr Rentner über 50, 60 Jahre, die Bedarf haben. Und der Bedarf hat sich geändert, auch bei frischem Obst und Gemüse.“
Aber das Angebot werde seiner Wahrnehmung nach immer weniger. “Wenn ich nicht mehr genug Gurken und Tomaten habe, ist das kein gutes Gefühl, wenn ich der Oma mitteilen muss, dass ich ihr keine Gurken und nur drei Äpfel geben kann, kein Blumenkohl. Und hinter ihr stehen noch 30 Leute. Das ist kein Spass mehr und schon sehr traurig.“ Es sei eine „unzumutbare Situation, dass Leute teilweise hungern“. Und man sehe auch junge Familien, die kommen.
In der Winterzeit fehlen
Obst und Gemüse
Entsprechend habe er den Kontakt zu Jürgen Beyer, dem Vorsitzenden der Hilfe, gesucht. „Es ist so, dass wir in der Winterzeit an Obst und Gemüse, weil es aus der Region kommt, immer weniger haben“, sagt Beyer. „Das wirkt sich aus, weil es zu den Grundnahrungsmitteln eine Ergänzung ist, weil es frisch ist und wir das direkt vom Feld kriegen, einen Tag vor der Verteilung abholen.“
Das sei in diesem Winter nicht anders. „Wir bekommen Gemüse nur in ganz geringem Maße, das ist sehr wenig.“ Am April werde man wieder etwas „Frisches aus den Gewächshäusern“ bekommen. „Dann gehen die Äpfel total weg. Von den Obstbauern wird die Ernte Ende März aufgebraucht sein, da werden die Äpfel uns fehlen.“
Und tatsächlich stellt er aktuell fest, dass in Sachen Grundnahrungsmittel auch bei dem Zukauf von Lebensmitteln zurzeit durchaus Zurückhaltung deutlich wird. „Der Nachschub rollt nicht so, wie wir es gerne haben würden.“
So hielt Hassan nach einer Möglichkeit Ausschau, direkt mit Bauern und Landwirten in Kontakt zu treten, die vielleicht spenden wollen. Vor gut einem Monat war er bei der Krefelder Familie Boekelt in ihrem Geschäft des Benrader Obsthofs, erzählt er, und fragte einfach frei heraus: „Seid ihr bereit, für die Tönisvorster Hilfe etwas zu geben?“ Sie waren es. „Wir haben bislang noch gar nichts damit zu tun gehabt“, sagt Michaela Boekels, die Mitinhaberin des Obsthofes. „Aber wir sind immer gern bereit, wo Bedarf ist, zu helfen.“ Für die „Krefelder Hilfe“ und die Obdachlosenhilfe Krefeld sei man schon aktiv geworden, jetzt eben auch für die Tönisvorster Hilfe, sagt die Geschäftsfrau. „Wir haben aber noch nicht konkret darüber gesprochen, weil wir erstmal nach ihrem Bedarf gucken müssen.“
Ihr genereller Eindruck ist: „Es ist mehr geworden, was gebraucht wird. Ich gehe davon aus, dass die Lage schlechter geworden ist: Man kriegt das mit von den Tafeln, wie die frequentiert sind.“ Auch Menschen hierzulande gehe es eben schlecht, selbst wenn die aktuelle Situation in der Ukraine bestehe. „Wir haben ukrainische Mitarbeiter, haben eine Wohnung für zehn Personen abgegeben“, sind sie auch da aktiv dabei. „Wo man helfen kann, muss man helfen.“
Die Familie Boekelt hat sich jetzt mit Hassan und der Tönisvorster Hilfe auf den 12. April als ersten Anlieferungstag verständigt. Die Zulieferung soll dann vierzehntägig vonstatten gehen. Wenn deren Engagement als Anstoß für andere Landwirte und Bauern dienen könnte, die sich bei der Tönisvorster Hilfe melden und vielleicht auch der eine oder andere neue Ehrenamtler oder Spender darüber dazukommt, dann habe der Impuls schon etwas gebracht, hofft Hassan. „Wenn das funktioniert, wäre es schön.“