Tönisvorst Turnerschaft verschenkt Trikots an die benachbarten Flüchtlinge
15 Asylsuchende freuten sich über die Sportausstattung und trainierten freudig Handball mit der vierten Herrenmannschaft.
Tönisvorst. Bürokratie und komplizierte Genehmigungsverfahren sind Christian Hülsemann ein Gräuel. „Wenn wir helfen können, dann machen wir das — und zwar unbürokratisch und schnell“, sagt der 1. Vorsitzende der Turnerschaft St. Tönis. Gesagt, getan: Rund zwei Dutzend Trikots, Sporthosen, Sportschuhe in allen möglichen Konfektionsgrößen hatte er beim Ausrüster der Handballmannschaften seines Vereins zusammenstellen lassen.
Und dann kamen sie: 15 Flüchtlinge, die in der kleinen Turnhalle an der Jahnsportanlage untergebracht sind. Schüchtern, teilweise verängstigt, aber über die freundschaftliche Hand, die ihnen gereicht wird, auch sehr glücklich. „Bitte nicht fotografieren“, hieß es schnell. Der Wortführer der Gruppe aus dem Mittleren Osten erklärte auch bald, warum sie derart scheu sind: „Wir haben Angst vor Leuten, die uns nichts Gutes wollen.“
Damit sind wohl die Schlepper der um Asyl nachsuchenden Gäste gemeint. Vera Bleckwedel, seit mehr als 40 Jahren Mitglied der Turnerschaft St. Tönis, die sich ehrenamtlich um die Menschen kümmert, sagt: „Wir sollten das respektieren. Es ist schon schlimm genug, was diese Menschen hinter sich haben.“
An diesem Abend im sommerlichen Tönisvorst zaubert der Handballsport ein Lächeln auf die Lippen der 15 Männer. Sie suchen sich die passenden Sportdresses aus. Jeder findet etwas in seiner Größe, die Farben sind bunt gemischt — und schnell geht es runter aufs Parkett, wo die vierte Herrenmannschaft trainiert.
Berührungsängste gibt es nicht. Die Jungs von Trainer Manfred Schmitz nehmen die Flüchtlinge in ihren Reihen auf. Trainiert wird Werfen, Kondition, Bewegung auf dem Handballfeld. Es macht den Männern augenscheinlich Spaß. Eine Stunde lang stellt sich etwas ein, was diesen Menschen offenbar seit Monaten gefehlt hat: Verbundenheit, Freundschaft, Freude am Miteinander.
Vera Bleckwede lächelt zufrieden. Sie sagt: „Mir tun die Menschen einfach leid. Ich hoffe, dass ich ihnen ein wenig Hilfestellung in ihrer neuen Umgebung geben kann.“ Sie widmet sich viele Stunden in der Woche dieser ehrenamtlichen Aufgabe. Hülsemann ist froh, solche Vereinsmitglieder in den Reihen des Vereins zu haben.
„Wir können noch so viele Lippenbekenntnisse abgeben — wären Frauen und Männer wie Vera nicht da, bliebe es bei allen guten Vorsätzen, die sicher in den Vereinen und Organisationen unserer Stadt vorhanden sind.“
Der Auslöser für die praktisch durchgeführte Integrationsarbeit war Peter Hohlweger, der die Asyl- und Flüchtlingsarbeit in der Diakonie Krefeld und Viersen leitet und zu einem Kamingespräch im März unter anderem auch Hülsemann als Vorsitzendem des größten Tönisvorster Sportvereins eingeladen hatte. Die Turnerschaft hat sich aber auch vom Runden Tisch Flüchtlingshilfe und den Appellen von Bürgermeister Thomas Goßen anstecken lassen.