Kritik an NRW-Innenminister wegen Gerichts-Schelte
Düsseldorf (dpa) - Für seine Kritik an der Justiz im Fall des Islamisten Sami A. gerät Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) nun selbst unter Beschuss. SPD und Grüne werfen ihm vor, die Gerichte und den Rechtsstaat zu beschädigen.
Reul hatte in der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) gesagt: „Die Unabhängigkeit von Gerichten ist ein hohes Gut. Aber Richter sollten immer auch im Blick haben, dass ihre Entscheidungen dem Rechtsempfinden der Bevölkerung entsprechen.“ Er bezweifele, dass das im Fall Sami A. geschehen sei.
Reul habe offensichtlich ein „gestörtes Verhältnis zur Justiz und zum Rechtsstaat“, kritisierte der Düsseldorfer Oppositionsführer Thomas Kutschaty (SPD) in einem WDR5-Interview. „Eine Justiz muss unabhängig entscheiden, da darf man auch nicht auf Stammtischmeinungen hören.“ Die Arbeit der Justiz so zu diskreditieren, „das darf sich kein Mitglied der Landesregierung erlauben“, sagte der SPD-Fraktionschef.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Landtag, Verena Schäffer, kritisierte auf Twitter, Reul trage „ganz maßgeblich zur Schwächung unseres Rechtsstaates bei“. Sie fügte hinzu: „Ich bin fassungslos über diese Aussage.“
Auch Nordrhein-Westfalens ranghöchste Richterin, Ricarda Brandts, kritisierte das Vorgehen von Politikern und Behörden in diesem Fall. Dadurch sei „die Unabhängigkeit der Gerichte unter Druck geraten“. Die Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Hier wurden offensichtlich die Grenzen des Rechtsstaates ausgetestet.“ Sie fügte hinzu: „Der Fall des Sami A. wirft Fragen zu Demokratie und Rechtsstaat - insbesondere zu Gewaltenteilung und effektivem Rechtsschutz - auf.“