Dem Sprockhöveler half die Kunst aus der Depression Der Umgang mit Farben macht Mario Pionteks Leben wieder bunt

Sprockhövel · „Wenn ich jemandem damit helfen kann, dann ist das auch für mich die größte Freude“, sagt Mario Piontek (29), und das gilt für ihn in doppelter Hinsicht: Er war an einer Depression erkrankt und sieht in der Arbeit mit Leinwand, Farben und Pinsel ein Gegenmittel, das auch bei anderen die äußerlich nicht sichtbare Krankheit lindern kann.

Mario Piontek aus Sprockhövel fühlt sich beim Malen „frei und unbeschwert“.

Foto: Fries, Stefan (fri)

„Wenn ich jemandem damit helfen kann, dann ist das auch für mich die größte Freude“, sagt Mario Piontek (29), und das gilt für ihn in doppelter Hinsicht: Er war an einer Depression erkrankt und sieht in der Arbeit mit Leinwand, Farben und Pinsel ein Gegenmittel, das auch bei anderen die äußerlich nicht sichtbare Krankheit lindern kann. Und die Spenden, die er für die kostenlose Weitergabe seiner Bilder erhält, will er nutzen, um gemeinnützige Zwecke zu unterstützen.

Der Sprockhöveler Künstler ist im öffentlichen Dienst tätig und hat in der psychiatrischen Klinik in Niederwenigern in der Therapie herausgefunden, dass der Umgang mit der Farbe ihm hilft, seine Krankheit in den Griff zu bekommen.

In seinem Atelier in Gevelsberg, wo ihm ein Freund in dessen Versicherungsagentur mietfrei einen hellen Raum zur Verfügung gestellt hat, spricht Mario Piontek offen über die Depression. Sie hat sich vor zwei Jahren nach und nach in seine Seele eingeschlichen. „Es begann damit, dass ich den Sinn meines Lebens infrage gestellt und Zukunftsängste entwickelt habe. Ich habe mich als Single allein gefühlt. Wenn ich mit dem Auto unterwegs war, habe ich oft daran gedacht, einfach gegen einen Baum oder eine Wand zu fahren. Meinen Eltern gegenüber habe ich gesagt, dass ich lieber vor ihnen von dieser Welt gehen würde“, schildert der äußerlich so robust wirkende junge Mann. Seine Eltern suchten mit ihm umgehend den Hausarzt auf.

„Das war Anfang 2020 genau der richtige Schritt“, so Piontek, denn es folgte die Einweisung in die auf Leiden dieser Art spezialisierte Klinik in Niederwenigern, wo sich ein achtwöchiger Aufenthalt anschloss. „Dort wurde ich eingehend untersucht, wobei man feststellte, dass ich organisch gesund bin. Wichtig war dort nicht nur die ausgezeichnete Betreuung, sondern auch der Kontakt zu Menschen, die sich ähnlich fühlten. Ich hatte plötzlich nicht mehr das Gefühl, allein zu sein“, erklärt Piontek seine Schritte aus der Lebenskrise.

„Das half ebenso wie die vielen Gespräche mit der Psychologin, die mich behutsam ermutigte, ihr mein ganzes Leben zu schildern und zusammen mit ihr aufzuarbeiten.“

Der Klinikaufenthalt brachte Piontek mit vielen kreativen Beschäftigungen in Berührung. „Flechten, Töpfern, Arbeiten mit Speckstein oder Holz waren Tätigkeiten, denen ich nichts abgewinnen konnte. Aber beim Malen habe ich bemerkt, dass alle Ängste plötzlich in den Hintergrund gerückt waren. Ich habe mich frei und unbeschwert gefühlt.“ Er erinnert sich an seine Schulzeit: „In Kunst hatte ich zwar ganz gute Zensuren, habe aber keine besondere Leidenschaft dafür entwickelt.“

Rettungsschirm schützt
vor dem Fallen

Das wurde in den Monaten nach der Entlassung aus der Klinik im April 2020 und im Laufe der nachfolgenden intensiven psychologischen Gespräche ganz anders. „Allein die Vorbereitung auf das Malen, das Aussuchen der Farben und Pinsel, der Kauf der Leinwand und anderer Utensilien, das macht mir einfach Freude. Da haben schlechte Gedanken gar keinen Platz mehr“ sagt Piontek mit leuchtenden Augen. „Erst habe ich ein Bild nachgemalt, und die Zustimmung, die ich bekommen habe, hat mir Mut gemacht, dran zu bleiben.“

Inzwischen zieren diverse, noch nicht verkaufte Gemälde, mal abstrakt, mal gegenständlich, vorwiegend mit Acryl-Farben, die Wände in seinem Atelier. Es fällt auf, dass die leuchtenden Farbtöne überwiegen. „Wenn ich mich mal nicht so gut fühle, dann sehen die Bilder etwas düsterer aus“, sagt Piontek, der bis Mitte dieses Jahres ambulant therapiert wurde. „Inzwischen halte ich nur noch lockeren Kontakt zu meiner Therapeutin, weiß aber, dass ich mich sofort bei ihr melden kann, wenn es mir schlechter gehen sollte. Das ist im Hintergrund so etwas wie ein Rettungsschirm, der mich vor dem Fallen schützt.“

Derzeit ist der Sprockhöveler für seine Betreuerin eine Art Muster-Patient: „Sie hat mir gesagt, dass die Arbeit mit mir eine Bilderbuch-Therapie war.“ Die von ihm signierten Kunstwerke will er nicht verkaufen. „Es reicht mir, wenn meine Kosten für die Materialien gedeckt sind. Ich hoffe allerdings auf Spenden, mit denen ich Menschen in Not helfen kann.“