Düsseldorf Massive Kritik an Polizeiführung
Düsseldorf · Der pensionierte Beamte Klaus Welzel sieht Missstände in der Behördenleitung, die er auch in einem offenen Brief an den Polizeipräsidenten thematisiert hat. Darin bemängelt er auch fehlendes Engagement.
Mangelndes Engagement und teils auch fachliche Fehler wirft der pensionierte Polizist Klaus Welzel der Führungsetage des Düsseldorfer Polizeipräsidiums vor – kurz vor seinem Abschied in den Ruhestand hatte er dem Polizeipräsidenten Norbert Wesseler auf dem Dienstweg darum auch einen offenen Brief geschrieben. „Wir haben kein Polizeiproblem“, sagt Welzel, der als Einsatzplaner, Konzeptentwickler und Polizeiführer tätig war. Bei der Polizei arbeiten seiner Ansicht nach viele „hochmotiviere“ Kolleginnen und Kollegen. „Aber wir haben ein Passivitäts- und Defensivproblem in der Kommunikation.“
In dem Brief, den Welzel Ende Januar an den Polizeipräsidenten versandt hatte, spricht er mehrere Punkte an. Vor allem geht es um Wertschätzung gegenüber den Polizistinnen und Polizisten. Seine „Einladung zur Verabschiedung in den Ruhestand“ sei an einen falschen Namen adressiert worden. Ein Symbol für die „Gleichgültigkeit des Behördenleiters gegenüber seinen Mitarbeitern“, wie Welzel schreibt. Dieser Eindruck habe sich über Jahre verfestigt, schreibt der ehemalige Polizist. Sein 40-jähriges Dienstjubiläum sei vergessen worden, anschließend sein 60. Geburtstag. Ebenso habe die oberste Führungsebene „vergessen“, ihm ein Angebot zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit zu machen, schreibt Welzel.
Zudem gebe es „offensichtliche, langfristige Defizite in Teilen der Verwaltung“, die die Behördenleitung nicht angegangen sei. Diese Missstände gingen oftmals zu Lasten der Einsatzkräfte. Als Beispiel nennt er den Umgang mit Schutzausrüstung. Bereits 2014, als das Ebola-Virus von Westafrika auch nach Deutschland auszubreiten drohte, habe Welzel, damals als Führungsstellenleiter eingesetzt, unzureichende Schutzausrüstung und abgelaufenes Desinfektionsmittel bemängelt. Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie sechs Jahre später sei – trotz wiederholter Meldung nichts passiert, berichtet Welzel. Er habe deshalb aus eigener Tasche für sich und seine Einsatzkräfte Masken gekauft.
Die Polizei in Düsseldorf weist die Vorwürfe zurück. Schutzausrüstung sei Landessache, es gebe eine zentrale Anschaffung. Zudem habe die Ausstattung zu Beginn der Corona-Pandemie aus Sicht der Behörde reibungslos funktioniert, sagt ein Polizeisprecher. Ein Überschuss an Masken habe man sogar gespendet.
In seinem offenen Brief geht Welzel auch auf die Lage in der Altstadt ein. Hier vermisse er einen „öffentlichen Schulterschluss“ mit denen, die den Problemen entgegentreten. Konkret geht es dem ehemaligen Polizisten etwa um den Umgang mit Altstadt-Besuchern. Um einen Platzverweis durchzusetzen, kann die Polizei Störer in Gewahrsam nehmen. Soll eine Person länger in Gewahrsam bleiben, braucht es einen richterlichen Beschluss. Aus Sicht von Welzel müsste die Behördenleitung darum dafür sorgen, dass der richterliche Bereitschaftsdienst über polizeiliche Initiativen und Konzepte mit erwartetem Aufkommen an Freiheitsentziehungen umfassend informiert ist.
Das sei bereits der Fall, heißt es dazu von der Polizei. Es gebe ständigen Austausch mit Amts- und Landgericht, auch in den Sicherheitskonferenzen würden solche Themen besprochen. Vor größeren Einsätzen würden auch die richterlichen Bereitschaftsdienste informiert, allerdings nicht jedes mit „normalen Einsätzen“, so der Polizeisprecher. Dennoch sei der Bereitschaftsdienst immer namentlich und mit Telefonnummer aufgeführt und erreichbar.
Welzel bemängelt zudem, dass der Polizeigewahrsam in Düsseldorf nicht für längerfristige Aufenthalte geeignet ist – die Zellen entsprechen immer noch nicht den aktuellen baulichen Anforderungen, obwohl dies seit Jahren bekannt ist. Darum müssen Personen, die nach der gesetzlichen Frist noch in Gewahrsam bleiben sollen, in andere Behörden, etwa nach Dortmund, gefahren werden. Eine Aufgabe des Polizeipräsidenten wäre, das zu ändern und vorrangig die Anpassung entsprechender Arrestzellen voranzutreiben, findet Welzel.
Dass es keine Plätze für Langzeitgewahrsam gibt, bestätigt die Polizei. Die seien jedoch auch nur in den seltensten Fällen notwendig. Es komme „extrem selten“ vor, dass Richter einen längeren Gewahrsam anordnen, so der Polizeisprecher, auch andere Polizeibehörden hätten lediglich zwei solcher Zellen. Künftig sollen jedoch auch in Düsseldorf welche entstehen. Das zweite Polizeipräsidium, für das die Planungen bereits lange laufen, soll einen neuen zentralen Polizeigewahrsam mit passenden Zellen bekommen. Arrestzellen für einen üblichen Aufenthalt von maximal 48 Stunden gebe es hingegen schon jetzt ausreichend.
Klaus Welzel ist nicht der erste, der Kritik an Polizeipräsident Norbert Wesseler übt. Auch aus der Politik – von CDU und FDP – kam nach einer Reihe von Gewalttaten in Altstadt Kritik an mangelnder Sichtbarkeit und fehlendem Engagement. Angeblich soll sich Innenminister Herbert Reul (CDU) seit Längerem um eine Lösung bemühen. An der Spitze der Behörde scheint sich jedoch bereits ein Wechsel anzubahnen. Der Wuppertaler Polizeipräsident Markus Röhrl wird als Nachfolger gehandelt. Wann der Wechsel vollzogen wird, ist aber noch ungewiss.
Der ehemalige Polizist Klaus Welzel wendet sich in seinem Brief auch direkt an den Polizeipräsidenten. „Es war aus meiner Sicht zu erwarten, dass Sie sich an die Spitze bedeutender, konzeptioneller Bewegungen stellen und auf Ihrer Ebene Verfahrenshindernisse aus dem Weg räumen“, schreibt Welzel an Wesseler. Auch fehle ihm die öffentliche Unterstützung der Einsatzkräfte bei Kritik. Auf seinen Brief habe er vom Polizeipräsidenten keine Antwort erhalten, sagt Welzel. Seit Mai ist der Polizist pensioniert. Auf seine persönliche Verabschiedung durch den Polizeipräsidenten hat er verzichtet.