Aufatmen am Tellmann-Platz
Lange trafen sich hinter Büschen Suchtkranke. Jetzt gibt es freie Sicht. Im Möbelhaus ist man hoffnungsvoll, dass sich die Lage dadurch entspannt.
Mönchengladbach. Die Büsche sind weg, das hohe Unkraut ausgerissen und die Nischen dadurch rar geworden. Ein freier Blick ist nun möglich zwischen den Bäumen auf dem so genannten Tellmann-Platz an der Ecke Friedrich-Ebert-, Wilhelm-Strater- und Mühlenstraße in Rheydt.
Hier, wo sich viele Jahre lang Gruppen von Alkohol-Kranken oder Drogensüchtigen trafen, ist etwas Ruhe eingekehrt. Und das war auch der Sinn der Aktion der Stadtverwaltung, die ihre Mitarbeiter die Grünfläche roden ließ.
Der Rheydter Bezirksvorsteher Karl Sasserath (Grüne) hatte nach Beschwerden von Anwohnern und Gewerbetreibenden das Thema „Szene-Treff Tellmann-Platz“ auf die Tagesordnung der jüngsten Bezirksvertretungs-Sitzung Anfang Oktober gehoben.
Nach Jahren der meist friedlichen Koexistenz war es selbst dem Möbelhaus-Besitzer Norbert Tellmann zu problembeladen geworden. Es gab zunehmend Sachbeschädigungen. Vor nicht allzu langer Zeit wurde eine Scheibe wurde zerschlagen. Kunden trauten sich nicht mehr an die Schaufenster, um die Auslage anzusehen.
Im Verkaufsraum mussten Mitarbeiter bei ihren Beratungsgesprächen immer wieder versuchen, den Blick der Kunden von den Menschen abzulenken, die auf der anderen Seite des Glases in die Büsche urinierten oder sich Spritzen setzten. „Und bei der Polizei und dem Ordnungsdienst der Stadt hatte ich den Eindruck, dass die Zuständigkeit von einem zum anderen geschoben wurde“, sagt Norbert Tellmann.
Nach den Grün-Arbeiten sei die Gruppe derjenigen, die sich auf dem Platz treffen, kleiner geworden, hat Tellmann beobachtet. „Wer jetzt noch kommt, das sind weitestgehende Trinker, die eigentlich meistens friedlich sind.“ Drogensüchtige und Dealer seien abgezogen. „Die Lage hat sich entspannt.“ Mit dem jetzigen Stand der Dinge könne er „erst mal leben“.
Für alles weitere hatte die Bezirksvertretung Süd einstimmig beschlossen, dass in der nächsten Sitzung die Stadtplaner erste Ideen für eine Umgestaltung des Platzes vorstellt. Außerdem soll das Gesundheitsamt Lösungsansätze vorstellen.
Bezirksvorsteher Karl Sasserath: „Die Politik sollte bis zum Frühjahr im Sozialausschuss eine Antwort auf die Frage gefunden haben, ob Mönchengladbach nicht einen Drogenkonsumraum braucht und wo die Drogenszene zukünftig bleibt.“
Die Suchtkranken sind nach Beobachtungen der Streetworker des „Café Pflaster“ mittlerweile an verschiedene andere Treffpunkt in der Rheydter Innenstadt unter anderem in der Nähe des Theaters gezogen.
Die „Pflaster“-Mitarbeiter, die die Menschen auf der Straße, also an ihren Treffpunkten aufsuchen, sehen diese Veränderungen aber nicht „als Katastrophe“, wie Brigitte Bloschak, die stellvertretende Geschäftsführerin der Diakonie, sagt. „Es gibt immer Wanderungen. Früher war zum Beispiel der Rheydter Marktplatz ein beliebter Treffpunkt. Für die Streetworker ist nur wichtig, dass sie dran bleiben. Und das tun sie.“
Eines müsse allerdings bei allen Aktionen klar sein, so Bloschak: „Man wird es nie hinbekommen, die Menschen aus Randgruppen aus einer Innenstadt herauszuziehen. Man muss einen Umgang finden.“ In die Prozesse um das Projekt „Soziale Stadt“ für Rheydt sei man eingebunden. „Das läuft gut. Aber die absolute Lösung wird es nie geben. Man muss immer Kompromisse finden.“