Bernhard Clasen will auf die Krim
Der Gladbacher ist ab heute wieder in der Ukraine unterwegs — um aus dem Land zu berichten und Freunde zu treffen.
„Erst einmal werde ich zwei Tage in Kiew verbringen“, sagt Bernhard Clasen. „Dann möchte ich weiter nach Osten reisen.“ Der Mönchengladbacher ist für die Linken Mitglied im Stadtrat, Russischdolmetscher und freier Journalist. Heute ist der erste Tag seiner Reise durch die Ukraine. „Als Spezialist für die Länder der ehemaligen Sowjetunion bin ich viel in den slawischen Ländern.“ Wenn der 56-Jährige nicht wie jetzt gerade unterwegs ist, verfolgt er aus seiner Wohnung im Herzen der Gladbacher Altstadt die russischen Nachrichten.
Eine Sporttasche und seine Gitarre hat er mitgenommen. „Die nehme ich zur Beruhigung mit und zum Schutz. Jemand mit Gitarre weckt keine Aggressionen“, sagt er. Außerdem wolle er nicht auffallen. „Mein Ziel ist es, so weit wie möglich in den Osten zu kommen. Dadurch, dass ich ein ganzjähriges Russlandvisum habe, müsste ich es bis auf die Krim schaffen — auch nach dem Referendum“, sagt er.
Bereits zum dritten Mal verschlägt es den Mönchengladbacher nach Kiew. „Ich war im November zu Beginn der Unruhen dort und im Februar, als der Umschwung auf dem Maidan stattfand.“ Als Journalist war man während der Kämpfe auf dem zentralen Platz besonders gefährdet: Rund 200 Journalisten wurden bei den Unruhen verletzt. „Ich hatte Glück, denn nach meiner Anreise im Februar wurde nicht mehr geschossen.“ Dort, wo noch wenige Stunden zuvor die Front gewesen sei, wurden von den Menschen unzählige Blumen und Kerzen abgelegt.
Er sei sehr besorgt über die dramatische Entwicklung in der Ukraine. „Was gestern aktuell war, ist heute nicht mehr wichtig“, meint er. Seit 25 Jahren besucht der freie Journalist Russland regelmäßig und weiß, dass man dort mehr auf Handlungen achten sollte als auf Worte. „Schön reden kann jeder, jetzt aber müssen Signale gesetzt werden. Letztendlich wird Putin entscheiden, ob es Krieg geben wird oder nicht.“
„Ich bin zwei bis drei Monate im Jahr in Russland“, sagt er. „Mittlerweile habe ich auch mehr russische Freunde als deutsche.“ Dass er so weit von den slawischen Ländern entfernt wohne, sei aber nicht das Problem. „Für meinen Beruf bin ich ja immer viel unterwegs, hier wegziehen möchte ich nicht.“
Während seiner einwöchigen Reise durch die Ukraine wird er jeden Tag für eine halbe Stunde seine Gitarre auspacken und sein Repertoire, die Stücke eines georgischen Liedermachers, singen. „Bulat Okudschawa schrieb russische Lieder aus der Sowjetunion, die den Menschen Hoffnung gegeben haben. Die Kritik kann man nur zwischen den Zeilen finden“, sagt der Mann, der immer so viel unterwegs ist.