Familiendrama an Karneval

Tote Kinder: Polizisten finden die Mutter neben Jasmina und Sevuk M. in einer Gladbacher Wohnung. Wie die Zweijährige und ihr Bruder (8) ums Leben kamen, ist unklar.

Mönchengladbach. Als die Polizisten am Montag zu einer Wohnung in Mönchengladbach-Lürrip gerufen werden, ahnen sie nicht, welch grausige Szene sich ihnen bieten würde. In der Drei-Zimmer-Wohnung des ruhigen Vororts finden sie um 13.30 Uhr die Leichen von zwei Kindern: die zweijährige Jasmina M. und ihr Bruder, der achtjährige Sevuk M..

Die Beamten hatten einen Hinweis von Verwandten erhalten. "Wir sollten da nachsehen, sagte man uns. Dass die Kinder tot sind, wussten die Verwandten nicht", sagt Polizeisprecher Willy Theveßen.

Die Mutter, eine 36-jährige Marokkanerin mit deutschem Pass, ist in der Wohnung bei ihren Kindern, als die Polizei eintrifft. Sie steht unter Schock und war bis gestern Abend nicht vernehmungsfähig. Sie wird unter polizeilicher Aufsicht ärztlich betreut. "Als die Polizei die Frau aus der Wohnung holte, trug sie den rosa Jogginganzug, den sie immer anhatte. Ich habe sie sofort erkannt", berichtet eine Augenzeugin.

Die Polizei geht von einem Familiendrama aus. Aber wie die Kinder ums Leben kamen, ist noch nicht klar. "Sie sind äußerlich unverletzt", sagt Theveßen. "Wir müssen das Ergebnis der Obduktion abwarten." Beamte der Spurensicherung arbeiten gestern den ganzen Tag in der Wohnung. Immer wieder sind die weißen Overalls der Polizisten hinter den Fenstern der Wohnung zu sehen. Die Kinderleichen werden erst in den Abendstunden abgeholt.

Beamte der Mordkommission vernahmen gestern den Vater der Kinder, der ebenfalls in Mönchengladbach wohnt. Zu seinen Aussagen will sich die Polizei noch nicht äußern. "Wir ermitteln in alle Richtungen. Es gibt mehrere Verdächtige", so Theveßen.

Vor der Wohnung der Familie M. stehen viele Nachbarn, niemand kann die Tat fassen. Die M. wohnen seit mehreren Jahren in dem Sieben-Familien-Haus in dem Gladbacher Vorort. Sie seien ruhige Mieter gewesen, die immer pünktlich gezahlt hätten", sagt die Vermieterin unserer Zeitung. "Ich bin total fassungslos. Wie konnte das hier nur passieren?", fragt sie. Die Mutter soll die Wohnung gekündigt haben, hieß es gestern.

Die Eltern leben seit mehreren Jahren getrennt. Der Mann sei gläubiger und konservativer Muslim gewesen, sagt eine Bekannte unserer Zeitung. Zudem habe er oft Kontakt zu seiner Familie in Marokko gehabt. Und die Verwandten hätten wohl großen Einfluss auf die Familie gehabt.

Dezember 2007: Im sächsischen Plauen werden drei Babyleichen gefunden. In Darry (Schleswig-Holstein) wird eine Mutter festgenommen, die ihre fünf Söhne getötet haben soll.

NoVember 2007: Die von ihren Eltern vernachlässigte Lea-Sophie aus Schwerin wird unterernährt ins Krankenhaus gebracht, wo sie trotz aller Rettungsversuche stirbt.

Juni 2007: Im Alter von nur drei Monaten stirbt der kleine André aus Iserlohn an Unterernährung.

Oktober 2006: Im Kühlschrank seines drogensüchtigen Ziehvaters wird der kleine Kevin aus Bremen entdeckt.

Studie: Die meisten Fälle werden nicht bekannt. Nach einer Unicef-Studie von 2005 sterben in Deutschland jede Woche zwei Kinder an den Folgen von Misshandlung oder Vernachlässigung.