Ganz Gladbach wird geknipst
Es geht nicht nur um aktuelle Geodaten. Die Stadt will auch wissen, ob jeder die richtige Gebühr zahlt.
Mönchengladbach. In der Stadtverwaltung und beim Versorger NEW spricht man von einem Großprojekt. Das hat die Ampelmehrheit mit SPD, FDP und Bündnis-Grünen zwar erst einmal in den Frühsommer 2013 verschoben, doch umgesetzt wird es schon.
Gladbach, also das gesamte Stadtgebiet, wird von einem Flieger aus fotografiert. Mit diesen Aufnahmen, die die Stadt für mindestes eine halbe Million Euro kaufen will, sollen Geo-Daten oder Wohngebiete aktualisiert werden. Man will so auch Gebühren-Zahler - private Grundstücksbesitzer wie Firmen - schröpfen. Und zwar die, die zu wenig Regenwasser-Kanalbenutzungsgebühren zahlen.
Wuppertal hat es gemacht, und auch Düsseldorf hat knipsen lassen. Denn das bisherige Kartenwerk ist Jahrzehnte alt. Die Alt-Gladbacher stammen aus dem Jahr 1968, Rheydter Übersichten sind 21 Jahre jünger.
In diesen vielen Jahren hat sich städtebaulich viel verändert. Auch Flächen, die (in den Altkatastern) als Grünzone ausgewiesen sind, wurden versiegelt. Es entstanden geteerte Parkplätze, gepflasterte Flächen oder Anbauten. Mit der Folge, dass hier das Regenwasser nicht mehr versickert.
Während der Niederschlag auf der großen Wiese mit entsprechender Genehmigung seitens der Unteren Wasserbehörde (Tel. MG 250) kostenfrei abtauchen kann, kostet der Regen, der von „dichten“ Flächen in die Kanalisation abläuft, Gebühren.
Die NEW, die seit 1998 das Kanalnetz für die Stadt betreibt, hat in einer „internen Prüfung“ für Insider wenig Überraschendes festgestellt. Sie nahm ein Gewerbe- und sieben Wohngebiete mit einer Fläche von 900 000 Quadratmetern unter die Lupe.
Es handelte sich um Viertel in Odenkirchen, Windberg, Rheydt, Waldhausen (als Industriegebiet), Rheindahlen, den Bereich Ost-/Hofstraße, Wickrath und Giesenkirchen. Ergebnis: 0,2 bis 13,5 Prozent des Areals seien im Vergleich zu alten Daten mehr verdichtet, so die Stadtverwaltung. Bedeutet: Hierfür müssten Regenwasser-Gebühren bezahlt werden. Lediglich in einem Gebiet wurden 0,5 Prozent zu viel Fläche zur Gebühr herangezogen.
„Mit der Überfliegung wollen wir Klarheit und Gebühren-Gerechtigkeit erreichen“, sagt Elke Reichert vom städtischen Fachbereich Umweltschutz und Entsorgung. Rund 60 000 Grundstückseigentümer sind folglich vom Befliegen betroffen. Mit umfänglichen Auswertungen wird nicht vor 2013/2014 gerechnet, heißt es.
Die Eigner erhalten nach dem Abflug Post von der Stadt: Ein Bild von ihrem Grund und Boden, dazu eine Grafik. Hier müssen sie eintragen, was bebaut, befestigt und was grün ist. Danach teilt die Stadt mit, ob (nach-)gezahlt werden muss oder nicht.
Das Großprojekt soll ein Ingenieurbüro erledigen. Es analysiert die Foto-Daten-Sammlung der Überfliegung und erstellt für jedes Grundstück ein eigenes Datenblatt mit der Kennzeichnung der bebauten und befestigten Bereiche.
Die 500 000 Euro werden nicht reichen, darüber ist man sich stadtverwaltungsintern bereits im Klaren. Doch Stadtfinanzchef Bernd Kuckels (FDP) tröstet sich: Alle „Flugkosten“ und die Datenbearbeitung sind gebührenrelevant. So bezahlen alle die hohen Kosten — und mit Sicherheit nicht wenige Grundstücksbesitzer noch drauf. Für Grundstücke, die dicht sind und jetzt erfasst werden.