Hickhack um Blumenkübel in Rheydt
Eine Gestaltungsrichtlinie verbietet es Gastronomen, Kübel aufzustellen. Die Richtlinie soll bald überarbeitet werden.
Rheydt hat eine lange Blumentradition. Der Blumenkorso war jahrzehntelang eine riesige rollende Schau floraler Künste. Und der Umweltpreis Goldene Blume gehört zu den renommiertesten Auszeichnungen in Deutschland. Aber ob Gastronom Harald Gerstung zum Blumensonntag am 10. September auch Blumenkübel an seiner Außengastronomie des Rheydter Ratskellers aufstellen darf, das ist zweifelhaft. Denn eigentlich sind solche Begrünungselemente in der Außengastronomie verboten, zumindest als Begrenzungselemente. „Die Gäste bedauern das sehr“, sagt Gerstung und verweist auf das Turmfest: An dem Wochenende durfte er Kübel aufstellen, weil die MGMG Veranstalter auf dem gesamten Platz war und das genehmigte. Gerstung schaffte Kübel und Bepflanzung für gut 2000 Euro an, musste sie aber kurz nach dem Turmfest wieder entfernen.
Das Ordnungsamt hat aber auch keine andere Wahl, als die Kübel wegräumen zu lassen. Denn die im Dezember 2015 vom Rat beschlossene Gestaltungssatzung für Rheydt schließt eine Begrünung ausdrücklich aus. Erlaubt sind Begrünungselemente nur an der Fassade etwa im Eingang eines Lokals oder innerhalb der Bestuhlung. Erzürnte Gäste wandten sich daraufhin mit Schreiben an die Verwaltung und veröffentlichten die Antwort im sozialen Netzwerk Facebook. Darin lehnt das Baudezernat mit Verweis auf die gültige Gestaltungsrichtlinie eine Sondernutzungserlaubnis ab. Windschutz, Trennwände, Einfriedungen und Begrünungselemente im Bereich des Marktplatzes und der Marktstraße seien schließlich damals bewusst für unzulässig erklärt worden — und zwar nach einem umfassenden Beteiligungsverfahren. Die Steigerung des Stadtbildes durch den Umbau „Soziale Stadt Rheydt“ und die Aufenthaltsqualität gelte es zu schützen und zu stärken.
Das findet Gastronom Harald Gerstung auch — nur gehören für ihn Blumenkübel dazu. Das will er auch erneut deutlich machen. Denn der Beschluss des Rates von 2015 sieht vor, dass die Gestaltungsrichtlinie nach zwei Jahren noch einmal evaluiert wird. Politik und Verwaltung wollen dann feststellen: Was hat die Richtlinie gebracht? Dass die Rheydter Innenstadt deutlich hochwertiger erscheint, zweifelt niemand an. Dennoch drängen Politiker wie Gewerbetreibende darauf, die Richtlinie zumindest um eine Öffnungsklausel zu ergänzen, um über Sonderlösungen diskutieren zu können. Darauf verständigte sich Anfang des Jahres auch eine Runde mit Vertretern aus der Politik, Händlern, Citymanagement, der Industrie- und Handelskammer und Gastronomen. Barbara Gersmann (SPD), Bezirksvorsteherin des Stadtbezirks Süd, sagt: „Ich halte es für richtig, mehr möglich zu machen.“
Zumindest ein Windschutz in der Optik des Stadtmobiliars soll für Gastronomen auf dem Markt möglich sein. „Wir sind doch Rheinländer!“ Allerdings lässt sie auch Zweifel an der Gestaltung mit Blumenkübeln. Der Technische Beigeordnete Gregor Bonin hatte dem Anfang des Jahres in der Bezirksvertretung Süd auch eine Absage erteilt mit den Worten, die Kübel zeigten, dass „individuelle gestalterische Geschmäcker nicht zugleich allgemein verträglich sind und den gestalterischen Gesamtkontext unberücksichtigt lassen“. Gersmann geht davon aus, dass in der Prüfung im Herbst und Winter auch Bürger sich noch einmal zu Wort melden können — sei es bei einer Diskussion oder mittels schriftlicher Eingabe. „Dann sollen sich aber auch alle Bürger beteiligen, die auf Facebook das große Wort schwingen“, sagt Gersmann. Dies sei vor zwei Jahren nicht der Fall gewesen.