Forscher Hans-Dieter Sues Dinosaurier nach Gladbacher benannt
Mönchengladbach/Washington. · Hans-Dieter Sues ist einer der weltweit bekanntesten Dino-Forscher. Mit dem Namen „seines“ Dinosauriers ist er nicht komplett glücklich.
In der Welt der Dinosaurier hat der in Mönchengladbach geborene Wissenschaftler Hans-Dieter Sues einen Namensvetter: 2003 erhielt ein neu entdeckter Vogelbeckensaurier aus der Gruppe der Pachycephalosauria den Namen Hanssuesia. Wer sich nicht intensiv mit Dinosauriern beschäftigt, aber dafür ab und an ins Kino geht, erinnert sich vielleicht an einen Dinosaurier im Film Jurassic World, der seinen dick verknöcherten Schädel als Rammbock einsetzt. Zu dieser Familie gehört auch der Hanssuesia. Bei dem Jurassic-World-Dinosaurier handelt es sich um einen Stygimoloch. Diese Spezies wurde erstmalig von den Wirbeltierpaläontologen Peter Malcolm Galton und Hans-Dieter Sues wissenschaftlich beschrieben – so wie auch etliche weitere prähistorische Arten.
Am Namen des Hanssuesia gibt es allerdings Kritik – und zwar von Hans-Dieter Sues selbst: „Ich bin nicht besonders glücklich über die Namenswahl für den Dinosaurier Hanssuesia. Ich bin aufgrund meiner eigenen Arbeiten davon überzeugt, dass diese Gattung nomenklatorisch nicht gerechtfertigt ist. Aber immerhin war es eine nette Geste von einem Kollegen.“ „Nette Geste“ könnten Beobachter seiner Karriere auch anders ausdrücken: Anerkennung für jahrzehntelange wissenschaftliche Leistungen auf höchstem Niveau.
Sues machte seinen
Biologie-Master in Harvard
Sues studierte mit 17 Jahren Zoologie an der Johannes Gutenberg Universität Mainz (am Mathematisch Naturwissenschaftlichen Gymnasium in Mönchengladbach war Sues von der Unterprima ins zweite Halbjahr Oberprima gesprungen). An der University of Alberta erwarb er 1977 seinen Master of Science in Geologie. Anschließend ging Sues an die Harvard Universität, wo er seinen Master in Biologie machte und 1984 promovierte. Das Thema seiner Doktorarbeit: „Säugetierähnliche Reptilien aus dem Unterjura von Arizona“.
Mit 22 Jahren beschrieb er als Erster die Dinosauriergattung Saurornitholestes – ein knapp zwei Meter langer Dinosaurier mit langem Hals, langem Schwanz und je einer großen Sichelklaue an den Füßen, der vor etwa 76 bis 72 Millionen Jahren im heutigen Nordamerika lebte und jagte. Dieser „Echsen-Vogel-Räuber“ war ein naher Verwandter des populären Raubsauriers Velociraptor. Neben Ausgrabungen in den USA und Kanada führten Expeditionen Sues unter anderem nach China, Usbekistan, Marokko, Kanada, aber auch zurück nach Deutschland. Hier machte er mit Kollegen eine wichtige Entdeckung: „Ein 240 Millionen Jahre alter Schildkröten-Vorläufer in Baden-Württemberg, den ich mit einem Kollegen aus dem Naturkunde-Museum in Stuttgart entdeckt und beschrieben habe. ,Opa Schildkröte‘ erregte weltweites Interesse im Jahre 2015“, erinnert sich Sues an die Arbeit mit Rainer Schoch.
Das Naturkunde-Museum in Stuttgart formuliert es auf seiner Homepage weniger bescheiden: „Älteste Schildkröte der Welt in Deutschland entdeckt“ ist dort zu lesen und: „Ein neues Missing Link klärt den Ursprung der Schildkröten. Der Sensationsfund einer 240 Mio. Jahre alten Ur-Schildkröte in Baden-Württemberg (Vellberg) schließt eine weltweite Fundlücke. […] Am Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart haben Forscher eine international bedeutende Entdeckung gemacht. Bei Grabungen des Museums in Vellberg (Baden-Württemberg) wurden zahlreiche fossile Skelettreste geborgen. Deren wissenschaftliche Untersuchung zeigte, dass sich darunter ein weltweit einzigartiger Fund befand, der den Ursprung der Schildkröten klärt: [...] Die neue Art bildet ein perfektes Bindeglied zwischen den frühen Echsen und den Schildkröten, ein sogenanntes Missing Link.“ Sues und Schoch publizierten ihre Forschungsergebnisse im internationalen Wisschenschaftsjournal „nature“. Und wie geht es wissenschaftlich weiter?
„Ich arbeite weiterhin über fossile Wirbeltiere aus dem Perm und Mesozoikum. Mein Hauptinteresse liegt in der Trias, da diese Periode in der Geschichte der Tierwelt besondere Bedeutung hat und in vielen Teilen der Welt noch kaum erforscht worden ist“, sagt Sues. Den wissenschaftlichen Erfolg auf diesem Gebiet findet man auch auf dem deutschsprachigen Wikipediaartikel über Sues. Dort liest man: „Sues ist einer der führenden Spezialisten insbesondere im Bereich der mesozoischen und paläozoischen Reptilien.“
Auf Youtube beantwortet Sues Fragen von Kindern
Bevor er in seine jetzige Position kam, durchlief er seit seiner Promation mehrere wissenschaftliche Stationen: die McGill University und das National Museum of Natural History in Washington D.C, das Royal Ontario Museum in Toronto, wo er zunächst als Kurator für Wirbeltierpaläontologie arbeitete und von 1999 bis 2002 das Amt des Vizepräsidenten für Collections and Research innehatte. Sues lehrte an der Universität in Toronto, an die er 1997 zum Professor für Zoologie berufen wurde. Von 2002 bis 2004 war Sues am Pittsburgher Carnegie Museum of Natural History Associate Director for Science and Collections.
Wer bei Google eine Bildersuche nach „Dr. Hans Sues“ macht, findet etliche Bilder von ihm – mal steht er da im Ödland, mal vor einer Bücherwand oder vor einem Dinosaurierskelett, aber immer wirkt Sues zufrieden und fröhlich. Auf Youtube beantwortet der Wissenschaftler Kindern Fragen zu Dinosauriern. Beispiel: „Gab es auf allen Kontinenten Dinosaurier? Antwort: Ja, einschließlich der Antarktis.“ Die nächste Generation von Wissenschaftlern begeistert Sues also schon mit seinen Themen. Aber woher kam sein Interesse an Dinosauriern? Mit vier Jahren gaben ihm seine Eltern ein Buch über Tiere und Pflanzen der Vorzeit. Schon als Junge wollte er unbedingt Paläontologe werden. Ein anderes Ziel als das, was er verfolgte, gab es nie.