NRW Ein Wohnhaus für die Seele
Bettrath · Reha-Verein eröffnet ein Wohngebäude für Menschen mit psychischen Problemen.
„Ich darf meine eigenen Sachen einbringen, ich mag es gerne, das ist für mich Luxus“, sagt Cornelia Sauer. Sie lebt in einer der 13 Wohnungen, die der Reha-Verein an der Hovener Straße gebaut hat. Wo früher Köche eines thailändischen Restaurants den Wok füllten, leben nun Menschen mit seelisch gefährdeter oder beeinträchtigter Gesundheit. Sie haben jetzt eine Wohnung, in der sie selbstbestimmt leben können.
Cornelia Sauer war vorher in der LVR-Klinik Mönchengladbach untergebracht, deren ärztlicher Direktor Stefan Rinckens ihr und allen anderen Bewohnern versicherte, dass für sie nun gelte: „My home is my castle.“ (Mein Zuhause ist meine Burg.) Dieses selbstbestimmte Wohnen verleihe nicht ein Burgherr, sondern das Bundesteilhabegesetz. Außer anderen Verbesserungen für psychisch kranke Menschen sei nun eben auch die eigene Wohnung wichtig geworden. Denn „ein Bett ist keine Wohnung“, nannte Rinckert ein Zitat, mit dem vor 50 Jahren in Deutschland eine Psychiatriereform eingeleitet worden war.
Auch wenn seitdem viele Jahre vergangen sind, ist Mönchengladbach offenbar schon weiter als manche andere Kommune. Während etwa in Nachbarstädten die stationäre Unterbringung psychisch auffälliger Menschen das Mittel der Wahl ist, setzt die Stadt hier auf ambulante Lösungen. Wer an der Hovener Straße eine Wohnung bezieht, wird jedoch nicht alleine gelassen. Alle Bewohner können Tag und Nacht die Angebote von 14 Betreuern nutzen. Sie sind feste Ansprechpartner, machen individuelle Angebote, etwa in der Ergo-Therapie und helfen auch, den Tagen eine Struktur zu geben.
Zum besseren Kennenlernen
dient das Café im Haus
Mit etwa 250 Mitarbeitern hat der Reha-Verein in Mönchengladbach seit 1973 nach eigenen Angaben das Ziel, das Leben von Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen zu verbessern. Das von Architekt Michael Fischermanns gebaute Haus ist nun ein weiterer Mosaikstein. „Bei der Finanzierung hätten die Stadt, Banken und Stiftungen geholfen, sagte Dieter Schax vom Vorstand des Vereins. Annette Esser von der Eingliederungshilfe des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) lobte die Vorreiterrolle bei bedarfsgerechtem Leben und Wohnen. Die zuständige Sozialdezernentin Dörte Schall wies darauf hin, dass bei Planung, Bau und Eröffnung auch die Nachbarschaft einbezogen worden sei.
Seit 1. Oktober 2020 sind die Wohnungen bezogen. Und welche Erfahrungen haben die Nachbarn gemacht? „Das Haus ist ruhig, ein Problem gibt es nur selten“, sagte Herbert Weitz, der ein Nachbarschaftskomitee vertritt, das 138 Haushalte umfasst. Zum besseren Kennenlernen dient auch das Café im Haus, das von einem professionellen Koch betreut wird. Es steht Bewohnern und Nachbarn offen. Auch Cornelia Sauer wird das Angebot nutzen. Sie freut sich, dass sie ihre eigene Wohnung nach ihren Bedürfnissen gestalten kann: „Dekorieren war mir schon immer wichtig.“