Bedürftigkeit in Mönchengladbach steigt Bei der Tafel gilt 2G-plus

Mönchengladbach · Deutlich mehr Familien kommen zur Gladbacher Tafel, darunter 40 Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine. Erstmals müssen Lebensmittel zugekauft werden. Um die vielen älteren Ehrenamtler zu schützen, gilt eine 2G-plus-Regelung.

Die Tafel in Mönchengladbach ist derzeit stark gefragt. Es gibt zwei Ausgabetage: Dienstag und Donnerstag.

Foto: Carsten Pfarr

Die Ehrenamtler der Mönchengladbacher Tafel sind zwischen 65 und 85 Jahren alt. Sie übernehmen Fahrdienste, sortieren Waren und geben die Lebensmittel an Bedürftige aus. Ohne die rund 100 Ehrenamtler würde der Betrieb nicht funktionieren. „Wir haben sehr viele ältere Mitarbeiter, und wir möchten sie schützen“, sagt die Vorsitzende der Mönchengladbacher Tafel, Monika Bartsch. Deshalb hat der Verein entschieden, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen und nur noch geimpfte und genesene Kunden zu bedienen. Sie müssen mindestens doppelt geimpft sein und zudem einen tagesaktuellen Test vorweisen, um Waren bei der zweimal pro Woche stattfindenden Ausgabe im Nordpark zu erhalten. „Das sind Mindestvoraussetzungen. Geboostert wäre auf jeden Fall besser“, heißt es auf der Internetseite, „dann entfällt zumindest für den Tafel-Besuch der Mehraufwand für einen aktuellen Test.“

Die 2G-plus-Regel, die seit März gilt, werde gut angenommen, berichtet Bartsch. „Natürlich protestiert auch der ein oder andere. Aber der Wunsch, dass alle Kunden geimpft sein sollten, ist von vielen älteren Mitarbeitern an uns herangetragen worden, die sonst ihre Mitarbeit nicht mehr fortführen würden. Und ohne ihre Hilfe könnten wir den Betrieb dichtmachen.“ Bislang sei es gelungen, sehr gut durch die Pandemie zu kommen, „bei uns hat es keinen größeren Ausbruch gegeben“. Damit das so bleibt, soll gerade nun, da überall gelockert werde, bei der Tafel die strengere Regel gelten. „Die derzeitige Infektionslage gibt die Lockerungen aus unserer Sicht nicht her“, sagt die ehemalige Gladbacher Oberbürgermeisterin. Zudem hielten sich nicht alle Tafel-Kunden an Abstands- und Maskenregeln. Für mehr Abstand zu bekommt jeder einen Einkaufswagen wie im Supermarkt.

Der Andrang hat sich in den vergangenen Wochen deutlich erhöht. Denn die Bedürftigkeit steigt: Durch höhere Lebensmittelpreise sind mehr Menschen auf das kostenfreie Angebot angewiesen. Zudem wenden sich viele ukrainische Flüchtlinge an die Tafel. Rund 40 Familien, viele mit mehreren Kindern, wurden laut Bartsch in den vergangenen Wochen registriert; ein Dolmetscher hilft bei der Erfassung.

Helfer fangen früher an
und bleiben abends länger

Insgesamt werden rund 600 Familien pro Woche durch die Tafel versorgt, jede hat einen festen Ausgabetag. Am vergangenen Donnerstag wurden rund 400 Kunden bedient statt wie in der Vergangenheit etwa 250. Die Helfer fangen eine gute Stunde früher an, um in der Zeit die neuen Familien zu registrieren, und oftmals sind sie ebenfalls gute zwei bis drei Stunden länger als zuvor vor Ort. „Wir rechnen noch mit vielen weiteren Familien, vor allem aus der Ukraine“, sagt Bartsch. „Das Angebot spricht sich herum“, sagt sie. Teils kämen auch Menschen aus Düsseldorf oder Wegberg, „aber in den Städten gibt es eigene Angebote, die Waren hier sind für Bedürftige in Mönchengladbach gedacht“.

Mit Flyern in ukrainischer Sprache soll in den Unterkünften am Nordpark erklärt werden, wie die Tafel funktioniert und was für die Erfassung benötigt wird. Da noch nicht alle Flüchtlinge die Registrierung beim Sozialamt vollständig durchlaufen haben, gilt für sie bei Vorlage des Personalausweises sowie unter Angabe der aktuellen Adresse eine dreimonatige Übergangszeit. Wenn der Sozialhilfe-Ausweis vorliegt, wird diese entsprechend verlängert. Anfangs habe es in den Unterkünften ein Catering gegeben, weiß Bartsch, inzwischen wurden vermehrt Küchen eingerichtet, sodass die Geflüchteten dort kochen können, weshalb die Nachfrage bei der Tafel nach Lebensmitteln steigt.

An jedem Tag in der Woche werden mit sechs Kühllastern Spenden eingesammelt. In Mönchengladbach sind laut Bartsch inzwischen alle Supermärkte und Discounter beteiligt, außerdem konnten die Lieferdienste Picnic, Flaschenpost und Flink als Spender gewonnen werden. Und trotzdem muss die Tafel erstmals zukaufen, wie Bartsch berichtet. „Wir können ja nicht nur einen Salatkopf und eine Packung Nudeln an einen Kunden ausgeben“, erklärt sie. Mit ihren Rationen müssen die Menschen ja eine Woche auskommen. Vor allem haltbare Produkte sowie Molkereiprodukte und Aufschnitt mit längerer Haltbarkeit würden mit Hilfe von sachbezogenen Geldspenden zugekauft. Mehl und Öl seien aber auch bei der Tafel aktuell Mangelware.

Einen positiven Effekt der neuen, strengen Regeln sieht Bartsch: Einige ungeimpfte Kunden würden sich direkt nebenan im Impfzentrum immunisieren lassen – und dürfen dann mit negativem Test wieder zu einer der nächsten Ausgaben kommen.