Umbau in Mönchengladbach Stadtbibliothek zieht in Interimsdomizil

GLadbach. · Kistenpacken an der Blücherstraße: Zwei Jahre lang werden Bücher und Medien umziehen. Die Bibliothek wird umgebaut.

Die Masken schützen die Umzugshelfer nicht nur vor Coronaviren, sondern auch vor Staub, der in den alten Büchern lagert.

Foto: bauch, jana (jaba)

Zwei Außenaufzüge führen von zwei Seiten ins zweite Stockwerk des Magazinturms der Stadtbücherei an der Blücherstraße. Gelbe und grüne Kisten wandern hinauf, werden oben vollgepackt, wieder nach unten gesandt und im Lkw verstaut. Die Packer tragen Mundschutz und Handschuhe. Der Mundschutz ist dem Coronavirus geschuldet, wirkt sich aber auch wegen des aufgewirbelten Staubs günstig aus. Die Handschuhe dienen dem Schutz der Fracht, denn die ist wertvoll, besteht sie doch zum Teil aus einmaligen und damit unersetzlichen historischen Druckerzeugnissen, Zeugen der kulturellen und soziologischen Entwicklung der Stadt und des Landes. Die Räumung des Magazinturms der Stadtbibliothek für den Umbau und die Erweiterung der Bibliothek begann am gestrigen Montag mit der Bibliothek des Volksvereins.

Rund 95 000 Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und Broschüren umfasst diese Sammlung, die aus der Zeit zwischen 1870 und 1930 stammt. „Das hört sich nicht so alt an“, sagt Historiker Daniel Thevessen, in der Zentralbücherei für die historische Sammlung zuständig. „Aber das Papier aus dieser Zeit ist sehr säurehaltig und damit sehr fragil.“ Wenn solche Bücher auf den Boden fallen würden, wäre das Risiko, hinterher nur noch zerbröseltes Papier auflesen zu können, groß. Für die Forschung eine Katastrophe, denn: „Die Volksvereinsbibliothek umfasst Dokumente, die es nur noch bei uns gibt“, sagt Brigitte Behrendt, Leiterin der Stadtbibliothek. Vor allem Broschüren, die von vielen anderen Büchereien früher nicht archiviert wurden, stellen einen historischen Schatz dar.

Außerdem finden sich im Magazinturm die noch deutlich ältere Franziskanerbibliothek mit wertvollen, bis zu 500 Jahren alten Büchern wie einer Bibel von 1516 und die 150 000 Grafiken umfassende Exlibris-Sammlung, die zu den größten Europas gehört. Exlibris sind kleine grafische Meisterwerke, mit denen Bücher als Eigentum ihrer Besitzer gekennzeichnet wurden. In der Gladbacher Sammlung finden sich Exlibris, die Albert Einstein anfertigen ließ, oder solche, mit denen Napoleon seine Bücher kennzeichnete. Es gibt welche, die aus der Werkstatt von Lucas Cranach stammen und solche des berühmten Expressionisten Franz Marc.

Die historische Sammlung der Stadtbücherei ist also nicht irgendein Umzugsgut, sondern eins, das mit Vorsicht und Expertise gehandhabt werden muss. Deshalb wurde auch ein Umzugsunternehmen beauftragt, das Erfahrung mitbringt. So gingen die historischen Bestände der Luxemburgischen Nationalbibliothek durch die Hände der Mitarbeiter von DMS Kühne, desselben Unternehmens, das nun in Mönchengladbach anpackt. „Wir haben auch beim Regierungsumzug von Bonn nach Berlin mitgearbeitet“, sagt Bernd Streckenbach, der seitens des Unternehmens den Umzug leitet.

Die Schwierigkeit beim Mönchengladbacher Umzug liegt nicht so sehr in der Menge der Bücher, obwohl 250 000 historische Druckerzeugnisse und 120 000 Medien der öffentlichen Bibliothek auch eine eindrucksvolle Zahl an laufenden Metern zusammenbringen. Hier ist es der Ablauf, der stimmen muss. „Wir müssen die Bücher einpacken, die Regale abbauen, alles ins Interimslager transportieren, die Regale wieder aufbauen und die Bücher wieder aufstellen“, zählt Streckenbach auf. Dabei muss alles passen, denn die Medien sollen auch weiterhin zur Verfügung stehen. Sie sollen nicht in Kästen und Kartons darauf warten, dass die Umbauarbeiten abgeschlossen werden, sondern auffindbar und für Interessenten nutzbar sein. Dafür haben die Mitarbeiter der Bibliothek ein Konzept erarbeitet, den Umzug sozusagen in Bücher-Portionen aufgeteilt und die Reihenfolge genau vorgegeben.

Bis Anfang Mai soll der Umzug der historischen Bücher bewerkstelligt sein. Sie ziehen in ein Lager an der Krefelder Straße. Dann folgen die Medien der öffentlichen Bibliothek, die zum Teil in einer Pop-up-Bücherei im Vituscenter, zum Teil in einem Lager in der Oberstadt untergebracht werden. Die Verwaltung zieht an die Roermonder Straße. Im Juli soll das Bibliotheksgebäude vom Keller bis zum Dach leergeräumt sein, so dass mit den Sanierungsarbeiten begonnen werden kann. 2022 kehren die Bücherei als „Zentralbibliothek der Zukunft“ wieder an den dann erweiterten und modernisierten Standort an der Blücherstraße zurück.