Schlüsseldienst: Rheydter beklagen Abzocke

In der Verbraucherberatungsstelle landen viele Beschwerden über dubiose Dienstleister.

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Das Problem ist bekannt und dennoch nach wie vor präsent: Schlüsseldienste, die Notsituationen von Menschen schamlos ausnutzen. Sie stellen horrend überteuerte Rechnungen aus und verlangen sofortige Barzahlung. Ansonsten gibt es keinen Zugang zur Wohnung. In der Verbraucherberatungsstelle in Rheydt meldeten sich auch im vergangenen Jahr wieder viele Menschen, die sich ausgesperrt hatten und dann abgezockt wurden.

Der dreistete Fall: „Ein Schlüsseldienst verlangte 1400 Euro für das Öffnen der Tür“, sagt Sebastian Dreyer, Leiter der Verbraucherberatung Mönchengladbach. Zum Vergleich: Bei einer bundesweiten Umfrage im vergangenen Jahr haben die Verbraucherzentralen bei 600 Schlüsseldiensten nach Preisen für eine einfache Türöffnung gefragt. In NRW musste dafür durchschnittlich 77,86 Euro tagsüber und 133,13 Euro nachts sowie an Sonn- und Feiertagen auf den Tisch gelegt werden.

In der Verbraucherberatung Mönchengladbach kamen die Kunden mit Rechnungen, die hohe dreistellige und sogar vierstellige Beträge auswiesen. „Das ist schon sittenwidrig“, sagt Beraterin Eva Jaci. In der Beratungsstelle wurden die Kostenaufstellungen samt Zuschlägen überprüft. Da hätten beispielsweise vermeintlich ortsansässige Schlüsseldienste lange Anfahrten verbucht, weil sie tatsächlich aus einer weitentfernten Stadt kamen. Dreyer warnt: Wer im Internet einen Schlüsseldienst sucht, lande oft bei Fake-Anzeigen. Beraterin Ursula Winbeck weiß, dass die Mitarbeiter der dubiosen Schlüsseldienste oft enormen Druck ausüben. „Da wird die alte Dame, die nicht genug Geld im Portemonnaie hat, genötigt, sofort zu ihrer Bank zu fahren. Und dann gucken die Schlüsseldienst-Mitarbeiter ihr auch noch zu, wie sie ihre PIN-Nummer eingibt.“

Verbraucherberaterin Edda Nowak rät jedem, einen Zweitschlüssel bei Freunden, Verwandten oder Nachbarn zu deponieren. Und wenn dies noch nicht geschehen sei, solle man sich gut überlegen, ob man nicht doch lieber eine Nacht bei Freunden verbringt, bevor man die Nummer eines unbekannten Schlüsseldienstes anruft. „Da ist sogar eine Nacht im Hotel oft billiger“, sagt Eva Jaci. Oder: „Man geht einmal mit offenen Augen durch die Stadt, hält nach einem örtlichen Schlüsseldienst Ausschau und notiert sich die Nummer“, rät Dreyer.

Abzocke — ob an der Haustür oder im Internet — ist in der Verbraucherberatung immer ein großes Thema. 2017 mussten in Mönchengladbach 60 Ratsuchende, die auf betrügerische Aktivitäten hereingefallen waren, Strafanzeige stellen. Im Schnitt ein Fall aus der Rechtsberatung pro Woche. Im Kampf gegen Betrug zahle sich die gute Zusammenarbeit mit der Mönchengladbacher Polizei aus, sagt der Leiter der Verbraucherberatung. Man tausche sich regelmäßig über aktuell grassierende kriminelle Maschen aus.

Insgesamt gab es in der Mönchengladbacher Verbraucherberatung im vergangenen Jahr 8354 Anfragen und 2000 Rechtsversorgungen. Die Fälle, in denen die Verbraucherzentrale die Kunden nicht nur beraten, sondern auch rechtlich vertreten musste, stieg im Vergleich zum Vorjahr um satte 35 Prozent an. Vieles werde rechtlich immer komplexer und in einigen Branchen würden die Verbraucher mit ihren Anfragen kaum noch zum „Beschwerdemanagement“ der Anbieter durchkommen, sagt Dreyer.