Soziale Stadt Rheydt: Förderfrist endet
Wenn die Förderung stoppt, muss die Stadt einspringen.
Mit diesem Zeugnis können sich Studenten für viele Numerus-Clausus-Fächer bewerben: Mit der Note 1,5 bewerteten Nutzer die Interkulturelle Familienbibliothek bei einer Kundenbefragung der Fachhochschule Köln. Mit ihrer Sonntagsöffnung gehören die Rheydter bundesweit zu wenigen Bibliotheken, die diesen Service anbieten. Dass sich die größte Zweigstelle der Stadtbibliothek diesen Namen und den Ruf als Familienbücherei erarbeiten konnte, liegt an der Sozialen Stadt Rheydt. So nennt sich ein Förderprogramm, das EU, Bund und Land mit viel Geld ausstatteten und über das Rheydt seit Jahren umgebaut wird. Es ist jedoch nicht sicher, ob es für die verbliebenen fünf Sozialprojekte weiter Zuschüsse gibt: In diesem Jahr endet die Förderfrist.
Ein Projekt wird mit großer Sicherheit bleiben: die Familienbibliothek mit ihrem Sonntagsservice. Der Kulturausschuss hat den Beigeordneten Dr. Gert Fischer erst jüngst beauftragt, die — auch finanziellen — Voraussetzungen zu schaffen. Das heißt: Er wird vermutlich über den Kulturetat die Spielräume ausloten, die es möglich machen, die Familienbibliothek fortzuführen.
Dass Mönchengladbach Teil des Stärkungspakts ist und sich bei freiwilligen Aufgaben sehr zurückhalten muss, ist aus Fischers Sicht kein Problem: „Wir haben einen genehmigten Haushalt und müssen unsere Sparziele einhalten. Aber wir haben Freiheiten. Und ich werde eine Lösung finden.“ Diese Lösung gibt es derzeit nicht bei den anderen vier Projekten, die sich bewährt haben und hoch angesehen sind: Jugendbildungscafé, Bildungsfuchs, Bildungspatenschaften und Quartiersmanagement. Gerade Letzteres ist für die weitere Entwicklung Rheydts wichtig, weil hier die Aktivitäten angestoßen, gebündelt und dauerhaft ausgerichtet werden, die helfen, die Innenstadt weiter voranzubringen. Denn abgeschlossen ist der Prozess nicht.
Fakt ist: Das Gesamtprojekt Soziale Stadt Rheydt endet im Dezember 2015. Es gibt nur die Vereinbarung mit den Geldgebern, einige Baumaßnahmen auf 2016 zu verlängern. Dann muss das Innenstadtkonzept abgerechnet werden: Bis dahin werden mehr als 25 Millionen Euro nach Rheydt geflossen sein, die Stadt hat daran „nur“ einen Anteil von rund 20 Prozent der Kosten getragen. Ein gutes Geschäft also für die Stadt, das umso besser ist, weil das Gesamtprojekt zwar einen sozialen Anstrich hat, aber im Wesentlichen dazu dient, Bauvorhaben zu finanzieren. Die Umgestaltung von Marktplatz, Tellmann-Platz, Veränderungen auf der Marktstraße, die Sanierung des Pahlkebades, der neue Hugo-Junkers-Park — das alles lief und läuft noch über Soziale Stadt Rheydt.
Einig sind sich Verwaltung und Politik, dass die fünf Sozialprojekte fortgeführt werden sollen. Derzeit wird ausgelotet, ob es bei EU, Bund oder Land andere Fördertöpfe gibt, die angezapft werden können. Es gibt erste positive Signale, dass dies bis 2020 gelingen könnte. Und wenn nicht? Dann sind vor allem CDU und SPD in Zugzwang und müssen finanzielle Spielräume schaffen — so wie es Dezernent Fischer bei der Familienbücherei schon macht.