Sparkassen-Kassierer wurde drei Mal überfallen
„Ich hatte Todesangst“, sagte Wolfgang R. am Dienstag vor Gericht. Der 60-Jährige ist Zeuge im Verfahren um vier Banküberfälle.
Mönchengladbach. Viermal hatte Norbert W. gemeinsam mit einem anderen Mann Filialen der Kreissparkasse Heinsberg im Jahr 2011 überfallen. Das hat er vor dem Landgericht Mönchengladbach bereits gestanden. Was den Mittäter angeht, schweigt W. weiterhin über dessen Identität — aus Angst, seiner Familie könne etwas geschehen. Denn er fürchtet die, „die hinter dem Ganzen stehen“, wie er im Gericht erklärt hatte. Er glaube auch, dass er nach diesen vier Taten zu weiteren genötigt worden wäre, wenn die Polizei ihn nicht gefasst hätte.
Dass man ihm überhaupt auf die Spur gekommen ist, haben die Ermittler Rene S. zu verdanken. Der Sparkassenangestellte aus der Filiale Holzweiler, der beim letzten Überfall am 5. Oktober Opfer des Bankräubers wurde, erkannte nämlich schon beim flüchtigen Blick auf das Gesicht des Täters, dass dieser mit Perücke und angeklebtem Bart maskiert war — „Mir war bei dem Überfall klar, dass ich diese Person schon einmal gesehen habe“, berichtete er im Landgericht. Vor allem die Augenpartie sei ihm bekannt vorgekommen. Er kannte Norbert W., weil er als Kunde häufiger dort gewesen sei.
Deutlich wurde, wie sehr die Opfer heute noch unter den psychischen Folgen der Überfälle leiden. S. befindet sich immer noch in therapeutischer Behandlung. „Ich stand vorher mit beiden Beinen im Leben, seitdem hat sich das ganze Leben gedreht“, sagt er. Er habe zunächst nicht wieder in der Filiale in Holzweiler arbeiten können, erst seit dem 1. März dieses Jahres gehe das wieder — mit Angst an jedem Morgen.
Dem 60-jährigen Wolfgang R., der gleich drei Überfälle ausführlich schildern musste, fiel seine Aussage sichtlich schwer. Beim ersten Mal habe er tatsächlich an einen Scherz von Kollegen geglaubt, als die beiden Männer mit den Sturmhauben mit forscher Stimme und massivem Auftreten kurz nach der Mittagspause „Überfall“ gerufen hätten. Das sei so „unwirklich“ gewesen.
„Ich hatte Todesangst, hab nur immer gedacht: Ich muss tun, was der sagt, je schneller ist es vorbei“, erklärte er. Beim ersten Überfall habe er den Tresor nur aufschließen müssen, er sei nicht durch eine zusätzliche Kombination gesichert gewesen. Beim zweiten Mal habe er vor lauter Nervosität zweimal den falschen Code eingegeben und es erst beim dritten Anlauf geschafft, den Safe zu öffnen.
Dass Norbert W. bei diesem Überfall in Holzweiler am 29. April vergangenen Jahres rund 100 000 Euro erbeuten konnte — was viel Geld für eine kleine Filiale sei — sei Zufall gewesen. Immer montags werde sonst das Geld abgeholt, der Montag vor dem Überfall sei aber Ostermontag gewesen, deshalb sei da kein Geldtransporter gekommen.
Eine Schmerzensgeldforderung wolle er nicht stellen, sagte er auf Nachfrage von Richter Rainer Biermann. „Ich will hier nur meine Aussage machen und damit abschließen.“ Er wird aber jeden Tag daran erinnert: Denn nach 40 Jahren in den Filialen kann er seit dem letzten Überfall nur noch im Innendienst arbeiten. Er hat Angst vor fremden Menschen.
Auch René S. erschrickt noch, wenn jemand schnell auf ihn zugeht. Er will ebenfalls auf Schmerzensgeld verzichten — er habe Angst vor späterer Rache durch den Täter. Verteidiger Gerd Meister bot an, dass sein Mandant freiwillig für beide zusammen 10 000 Euro Schmerzensgeld zahlen wolle. Und Norbert W. fügte hinzu: „Sie brauchen keine Angst vor Rache zu haben.“