Stadtgärtner starten neue Saison
Urban Gardening soll städtischen Raum lebenswert gestalten.
Weltuntergänge haben eine erstaunliche Eigenart. Sie treffen selten ein, wenn man sie denn erwartet. Insofern geht ein Zitat, das Martin Luther zugeschrieben wird, angenehm unaufgeregt mit dem Phänomen Apokalypse um: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Genauso machen es die Stadtgärtner des Margarethengartens in Eicken: Sie legen in diesem Jahr noch einmal neue Beete an, wollen ein Blumenmeer gestalten, ordentlich Gemüse ernten, obwohl sie wissen: Es ist die letzte Saison. Es soll noch einmal richtig schön werden im Quartier, bevor man fortziehen muss, sagt Nadège Riditzki, Vorsitzende des Vereins Waldhaus 12.
Im kommenden Jahr soll das Grundstück bebaut werden, folglich muss der Verein ein neues Fleckchen fürs urbane Gärtnern suchen. Bis dahin wird aber Samstag wieder mitten in der Stadt gesät, gepflanzt und geerntet. Am Samstag ist Frühlingserwachen auf der Fläche des Stadtgartens in Eicken. „Dieses Areal war ein Glücksgriff für das Urban Gardening in Mönchengladbach“, sagt Cornelia Schulte, ehemalige Vorsitzende des Vereins. Beim städtischen Gärtnern geht es darum, städtischen Raum zurückerobern, eine Brache wieder begehbar und nutzbar zu machen, Zeit in Gemeinschaft zu verbringen — das Gärtnern ist Mittel zum Zweck, sich zu begegnen. Tomaten, Kohl, Salate, Kürbisse, Kartoffeln, Topinambur und mehr wurde in den vergangenen Jahren dort geerntet, aber vor allem Freude und Gemeinschaft gesät. Wie es die bundesweite Bewegung sich wünscht. „Urbane Gärten sind Teil einer lebenswerten, lebendigen und zukunftsfähigen Stadt“, heißt es Urban-Gardening-Manifest, zu dessen bundesweit tätigen Unterzeichnern auch die Initiative des Margarethengartens gehört. „Gleichwohl ist ihr rechtlicher Status nach wie vor prekär und ihr Fortbestand häufig nicht gesichert.“
Das erfahren die Margarethengärtner: Sie haben noch keine neue Heimat gefunden. „Wir wollen grünes, urbanes, zeitgemäßes Leben an einem anderen Ort weiterentwickeln“, sagt Nadège Riditzki. „Und dazu befinden wir uns in Gesprächen mit anderen Initiativen.“ Dabei sei ein frei zugänglicher öffentlicher Raum ohne Konsumzwang wichtig für eine demokratische und plurale Stadtgesellschaft. Wer das liest, weiß: Es geht um mehr als die Kartoffel. Städte sollten die Bedeutung solcher Gemeinschaftsgärten anzuerkennen und sie ins Bau- und Planungsrecht zu integrieren: „Die Stadt ist unser Garten.“
Mit dem Margarethengarten hat das Stadtgärtnern 2012 begonnen. Beinahe genauso lange gärtnern die Mitglieder der Initiative Transition Town in der Berggartenoase. An der Lüpertzender Straße, auf einem ehemals rasengrünen Plateau vor der Volkshochschule, bauen die Mitglieder auch in diesem Jahr wieder vorwiegend Gemüse in den Beeten an. „Der Boden ist bereit, wir haben die Bodenqualität mit viel Kompost verbessert“, sagt Initiator Walter Jost.