Therapie-Hund Balboa kann mehr als würfeln
Isabelle Sommer arbeitet mit einem Therapie-Hund, wenn sie Kindern zu schönen S-Lauten oder Erwachsenen zu mehr Stimme verhelfen will.
Mönchengladbach. „Balboa, stups“, sagt Isabelle Sommer und der Golden Retriever schiebt den großen braunen Würfel geschickt mit der Nase an und würfelt eine Fünf.
„Los, saus los“, befiehlt sein Frauchen und der Hund flitzt durch den Raum und sucht zuvor versteckte Leckerli. Der große Hund hat Spaß an seinen Aufgaben, aber es ist auch Arbeit.
Balboa ist ausgebildeter Therapiebegleithund, er arbeitet in der logopädischen Praxis von Isabelle Sommer. Die 25-Jährige hat gemeinsam mit ihrem Hund Balboa eine zusätzliche Ausbildung absolviert, um das Tier in ihrer Praxis einsetzen zu können.
Besonders Kinder reagieren stark auf den freundlichen Hund. Die Logopädin setzt ihn in den unterschiedlichsten Bereichen ein.
Zum Beispiel spielt Balboa mit den Kindern sprachtherapeutische Brettspiele: Kinder, die Probleme mit dem S-Laut haben, müssen dann nicht nur das schwierige Wort „Stups“ aussprechen, sie lösen auch die im Spiel gestellten sprachlichen Aufgaben für den Hund gleich mit.
Ganz anders ist der Einsatz von Balboa bei Kindern mit auditiven Wahrnehmungsstörungen: Um das Richtungshören zu trainieren, wird der Hund, der dann ein Glöckchen um den Hals trägt, in einem verdunkelten Raum in verschiedene Ecken geschickt. Das Kind muss erkennen, wo sich der Hund aufhält.
Bei hyperaktiven Kindern, die sich schwer auf die Übungen konzentrieren können, spielt Balboa eine andere Rolle. Er liegt dann unter dem Stuhl des Kindes. „Die Kinder hören auf zu zappeln, um den Hund nicht zu stören“, erklärt die Logopädin diese Vorgehensweise.
Aber Balboa kommt auch außerhalb der Praxis zum Einsatz: Er begleitet Kinder zum Einkaufen, wenn sie das in der Sprachtherapie Gelernte im Alltag einsetzen sollen. „Der Hund gibt den Kindern Sicherheit, sie können sich der Situation dann besser stellen“, sagt Sommer.
Der Hund liebt seine Arbeit. „Er braucht Aufgaben und geistige Auslastung“, sagt die Logopädin. Aber er braucht auch Ruhe. Er ist keineswegs bei allen Therapiestunden dabei. Für die Kinder ist es etwas Besonderes, wenn Balboa mitmacht.
Erwachsene reagieren gut auf den Hund. Isabelle Sommer setzt ihn zum Beispiel bei Parkinson-Patienten ein. „Wenn der Patient zu leise spricht, reagiert der Hund nicht auf ihn“, erklärt sie.
Das, was sonst reine, auch langweilige Übung wäre, bekommt so einen Sinn. Die Praxis der jungen Logopädin wächst — nicht nur, aber auch — wegen Balboa stetig.
Deshalb hat sie ihre bisherigen Räumlichkeiten bei einem Korschenbroicher Kinderarzt aufgegeben und ist nach Neuwerk gezogen — vorübergehend ins ehemalige Gebäude der Volksbank, jetzt „Neuwerker“ genannt. Im nächsten Jahr soll es dann ins Ärztehaus an der Dünner Straße gehen.